Viva Veggie. Tierfreie Ernährung mit gutem Gewissen

Die vegetarische Ernährungsweise ist wahrscheinlich die ethisch korrekteste Art, mit Umwelt und Tieren umzugehen. Die Viehwirtschaft verschlingt nicht nur massenhaft Ressourcen und Energie, sondern trägt erwiesenermaßen auch nicht wirklich zu einer gesünderen Ernährungsweise bei.

Katja Lührs ist Designerin, Moderatorin und Schauspielerin. Sie absolvierte Ausbildungen in Yoga, Gesprächs- und Hypnosetherapie. Die Autorin engagiert sich besonders für den Tierschutz sowie für ein bewusstes, gesundes, glückliches Leben. Sie hat einen erwachsenen Sohn und lebt mit ihrem Lebenspartner in München.

Katja Lührs, Moderatorin, Designerin und Autorin, lebt seit Jahrzehnten vegetarisch und ist Mitglied der internationalen Tierschutz-Vereinigung PeTA. Mit ihrem Buch „Viva Veggie!“ hat sie einen ausführlichen Ratgeber zu einer ausgewogenen vegetarischen und veganen Ernährung geschrieben. Dabei wurde sie von Ernährungswissenschaftlern und Ärzten beraten. Von der optimalen Lebensmittelzusammenstellung über alle wichtigen Nährstoffe bis hin zur speziellen Ernährung während der Schwangerschaft oder bei Diabetes beleuchtet sie das Thema Vegetarische Ernährung rundum. Sie stellt einen konkreten individuellen Leitfaden für jeden vor, der seine Ernährung optimieren oder umstellen möchte, beleuchtet ethisch-moralische Aspekte und bietet außerdem eine Reihe von leckeren Rezepten. Der Erlös von Katjas Buch kommt dabei dem PeTA-Verein zugute.

newsage sprach mit der Autorin über ihr Engagement für eine rein pflanzliche Ernährung und den Tierschutz.

Katja, wie kamen Sie zu einer ausschließlich fleischlosen Ernährungsweise?

Ich moderierte für die Abendschau beim Bayerischen Fernsehen eine Sendung über die Massentierhaltung. Als ich den Filmbeitrag vorher im Schneideraum sah, um meinen Text vorzubereiten, war ich erschüttert und musste weinen. Mein Entschluss stand nach der Sendung fest: „Wenn du das noch nicht einmal als Film ertragen kannst, dann musst du aufhören, Fleisch zu essen!“ Und seit 26 Jahren bin ich nun Vegetarierin.

Warum, meinen Sie, können trotz der Aufklärung in den Medien viele nicht auf Fleisch verzichten?

Ich kann das nur aus meiner Sicht erklären. Obwohl wir heute aufgeklärt sind, was in der Massentierhaltung passiert, essen die Leute zu jeder Gelegenheit Fleisch. Ohne Rücksicht auf Verluste und Tierleben. Auch die Umwelt spielt für viele keine Rolle. Die großen Mengen an Gülle z.B., die über die Massentierhaltung entstehen und auf die Felder aufgebracht werden, zerstören den Ackerboden. Und weite Teile von Urwäldernwerden gerodet, teilweise sogar illegal, um auf den Flächen Futtermittel für die Tierwirtschaft anzubauen. Lebenswichtige Ressourcen wie Wasser werden für den Herstellungsprozess von Fleischprodukten verschwendet. Für die Erzeugung von einem Kilo Rindfleisch braucht man ca. 15.000 Liter Wasser!

Ja, solche Fakten sollten wir uns schon immer wieder vor Augen führen.

Genau. Die Fleischindustrie beispielsweise kann nur funktionieren, weil viele von uns nicht sehen, was in den Schlachthäusern dieser Welt Tag für Tag und Sekunde für Sekunde passiert. Es gibt im Grunde keinen Unterschied zwischen Schweinen und Hunden. Beide sind äußerst intelligente Tiere mit Familienverbund, Sozialverhalten und Schmerzempfinden. Schweine lieben ihre Jungen und leben in komplexen Beziehungen mit ihren Artgenossen. Aber leider hat der Mensch irgendwann beschlossen, Schweinefleisch zu verzehren. Jeder von uns kann einen Unterschied machen und damit aufhören, indem er oder sie vegetarisch lebt.

Als Vegetarier – so heißt es immer wieder – muss man auf seinen Nährstoffhaushalt achten. Oft wird gesagt, dass der Bedarf an Eiweiß oder Vitamin B12 bei Vegetariern nicht abgedeckt würde.

Tofu, Mungbohnen und andere Gemüsesorten enthalten genügend Eiweiß. Oft sogar mehr als Fleisch. Vegetarier, die sich vielseitig ernähren, müssen sich über Nährstoffmängel weniger Sorgen machen als Mischköstler. Veganer sollten auf ihre Vitamin-B12-Zufuhr achten, indem sie präventiv Nahrungsergänzungsmittel einnehmen.

Auf welche Nährstoffe sollte man als Vegetarier oder Veganer sonst noch achten?

Natürlich sollte jeder Mensch Vitamine und Mineralstoffe in ausreichenden Mengen zu sich nehmen. Nicht nur Vegetarier oder Veganer. Wichtig sind insbesondere: Kalzium, enthalten in gutem Mineralwasser und Gemüse; Vitamin B2, das z.B. in Mandeln oder Sojabohnen ist; Vitamin B12, welches man über Ergänzungspräparate zuführen kann; Vitamin D, das der Körper selbst herstellt, wenn wir uns in der Sonne aufhalten; Jod, etwa in Meersalz oder Champignons enthalten, und Omega-3-Fettsäuren, die in Pflanzenölen vorkommen. Leinöl ist z. B. ein guter Lieferant von Omega-3-Fettsäuren.

Soweit ich weiß, sind Sie auf eine rein pflanzliche Ernährung umgestiegen …

Ja, rein vegan ernähre ich mich seit etwa drei Jahren. Ich habe den vegetarischen Gedanken einfach zu Ende gedacht und erkannt, dass auch für Milch und Eier viele Millionen Tiere leiden und sterben müssen. Kühe werden dauerhaft schwanger gehalten, damit sie Milch geben. Man nimmt ihnen ihre Kälbchen weg, was für Mutter und Kind ein großes Trauma bedeutet. Auch die Eier- und Geflügelproduktion verursacht schreckliches Tierleid. Männliche Küken beispielsweise werden direkt nach dem Schlüpfen aussortiert und getötet, weil mit ihnen kein Profit mehr gemacht werden kann. Außerdem sind Milch und Eier ungesund. Menschen, die tierische Produkte konsumieren, tragen ein etwa 40 Prozent höheres Risiko, an Krebs zu erkranken. Außerdem haben sie für viele weitere Krankheiten ein erhöhtes Risiko, einschließlich Schlaganfall, Fettleibigkeit, Osteoporose, Arthritis und Diabetes.

Ist es richtig, dass Vegetarier fast nie unter einem erhöhten Cholesterinspiegel leiden?

Unser Körper produziert selbst Cholesterin. Eine vegane Ernährungsweise ist das beste Mittel, um den Cholesterinspiegel niedrig zu halten bzw. zu senken. Pflanzliche Nahrung enthält kein Cholesterin, während Fleisch, Eier und Milchprodukte große Mengen an Cholesterin, gesättigten Fettsäuren und konzentrierten Proteinen enthalten, die allesamt schädlich sind. Außerdem hilft der hohe Ballaststoffgehalt pflanzlicher Nahrung dabei, überschüssiges Cholesterin aus dem Verdauungstrakt „auszuspülen“.

Sind Sie für Bio-Qualität bei Lebensmitteln?

Definitiv. Einmal glaube ich fest daran, und hier gibt es auch immer wieder Untersuchungen, dass der Anbau von Biolebensmitteln für die Umwelt schonend ist und diese außerdem meinem Körper guttun. Dann möchte ich auch die Biobauern unterstützen. Daher spielen neben einem umweltschonenden ökologischen Anbau auch die Regionalität und die faire Bezahlung der Bauern eine wichtige Rolle für mich.

Wie funktioniert und was bietet die CD, die Ihrem Ratgeber beiliegt?

Im Buch ist eine Anleitung für die CD enthalten. Jeder kann mit dieser Software sein persönliches Ernährungstagebuch schreiben und sich auf dessen Grundlage Vorschläge für eine optimierte Nährstoffversorgung machen lassen. Weiterhin finden sich ca. 100 Rezepte auf der CD, wobei unter www.peta.de/vivaveggie immer mehr neue Rezepte heruntergeladen werden können. Ein interaktives Kochbuch also.

Ich wollte eine Hilfe bieten, die deutlich sichtbar darstellt, ob man zu wenig, zu viel oder genau die richtige Menge Vitamine und Nährstoffe zu sich nimmt. Die Software macht genau das. Man kann täglich eingeben, was man verzehren möchte, in welchen Mengen, und das Programm errechnet dann die Nährstoffversorgung und macht kulinarische Vorschläge. Zu Beginn muss sich jeder Anwender etwas Zeit nehmen, um das Programm zu verstehen, aber das ist ja immer so (lacht). Danach verhilft es auf einfache Weise zu einer ausgewogenen Ernährung und errechnet sogar die Ökobilanz.

Was ist für Vegetarier und Veganer während einer Schwangerschaft zu beachten?

Schwangere, stillende Mütter oder ältere Menschen sollten ganz besonders großen Wert auf ihre Nährstoffversorgung legen, da ihr Organismus stärker belastet ist. Wichtig ist es, besonders zu Beginn einer Schwangerschaft ausreichend mit Folsäure versorgt zu sein. Über eine gezielte Lebensmittelauswahl kann eine optimale vegetarische und vegane Ernährung in allen Lebensphasen den Bedarf an Nährstoffen decken. Es gibt weltweit Millionen von Menschen, die schon allein aufgrund ihres Glaubens von Kindesbeinen an vegetarisch leben, ohne unter Mangelerscheinungen zu leiden, wie z. B. die Buddhisten.

Wie kam es zu Ihrer Mitgliedschaft bei PeTA?

Ich war schon immer engagiert im Tierschutz. Vor ca. 15 Jahren habe ich mit PeTA zusammen eine Kampagne zum Thema „Pelze“ als Moderatorin begleitet. Auch hier wissen wir alle durch die Medien, dass die Tiere nicht von alleine nach einem schönen Leben umfallen und tot sind, wenn ihre Felle anschließend für die Pelzverarbeitung genutzt werden sollen, sondern vom Tag ihrer Geburt an gequält werden. Ohne Betäubung werden die Tiere gehäutet. Wie grausam! Wer möchte da noch einen Pelz tragen? Da sollte jeder Pelzträger noch einmal in sich gehen. Wir leben in keiner Notstandsgesellschaft und es gibt so viele schöne andere tragbare Bekleidung.

Über PeTA wurde ich auch auf die Massen- und Intensivtierhaltung für die Ernährungsindustrie aufmerksam. Es ist moralisch nicht nachvollziehbar, warum man Tiere für einen kurzen, angeblichen Gaumenschmaus töten soll. Ich dachte mir damals, als ich Vegetarierin wurde: „Jetzt musst du für immer auf den Gaumenschmaus verzichten.“ Heute, wenn ich daran denke, dass ich einmal Fleisch oder Fisch gegessen habe, schüttelt es mich. So kann sich ein Mensch verändern. Wir haben alles in unseren eigenen Händen. Noch einen Satz zu PeTA: Alle Mitarbeiter weltweit, das finde ich toll, essen kein Fleisch und keinen Fisch. Das nenne ich: im Tierschutz konsequent sein.

Katja, gibt es noch etwas, was Sie den Lesern von newsage sagen möchten?

Ja, unbedingt! Ich möchte sie bestärken, mit offenen Augen durch das Leben zu gehen, mutig zu sein und Dinge auszuprobieren. Das gilt für alle Bereiche des Lebens. Für Beziehungen, in denen wir uns befinden, genauso wie für unsere Ernährung, unser Konsumverhalten oder unser Verhältnis zu Tieren. Denn es hängt alles zusammen. Ich habe gemerkt, wie ich durch meine tierleidfreie Ernährung auch in anderen Bereichen meines Lebens gewonnen habe. Ich bin im Reinen mit mir selbst und fühle mich dadurch auch in Beziehung zu meinen Mitmenschen freier und glücklicher. Ich möchte alle Menschen ermutigen, die kleinen Dinge des Lebens wieder zu schätzen und dort hinzuschauen, wo es etwas Schönes zu sehen gibt.

Vielen Dank für das nette Gespräch!

 

Wissenswertes
  • Die vegane Ernährung beinhaltet nur Produkte aus Pflanzen und Pilzen. Selbst Honig wird gemieden. Viele vegan lebende Menschen lehnen auch von Tieren stammende Gebrauchsgegenstände aus Wolle, Leder, Pelz etc. ab. Für eine vegane Ernährungsweise wird Kuhmilch einfach durch Soja-, Mandelmilch oder andere tiermilchfreie Produkte ersetzt. Als Fleischalternative gibt es Seitan, Tofu oder Tempeh und zum Backen eignet sich cholesterinfreier Ei-Ersatz.
  • Bei der lacto-vegetabilen Ernährung stehen neben pflanzlichen Produkten auch Milch und Milchprodukte auf dem Speiseplan.
  • Die ovo-lacto-vegetabile Ernährung beinhaltet zudem den Verzehr von Eiern.
BUCH-TIPP
Katja Lührs
Viva Veggie!
156 Seiten, 22,90 €
ISBN: 9783862640089
Hans Nietsch Verlag

Sie möchten mehr erfahren?

Lesen Sie weitere Beiträge zu diesem Thema in der Printausgabe 5/2011. Informieren Sie sich hier über Bezugsquellen in Ihrer Nähe oder abonnieren Sie das Heft online.