Albert Hofmann mit Katze

Albert Hofmann und sein LSD

Der Name des 2008 im Alter von 102 Jahren verstorbenen Chemikers Albert Hofmann ist untrennbar mit seiner wohl bedeutendsten Entdeckung, dem Lysergsäurediäthylamid (LSD), verbunden. Bei dem Versuch, aus Mutterkornalkaloiden ein neues kreislaufstimulierendes Medikament zu erschaffen, stieß er stattdessen auf die stärkste bekannte psychoaktive Substanz, die in Folge nicht nur Künstler, Schriftsteller und die Jugend der 60-er Jahre inspirierte, sondern auch unser Verständnis von Wirklichkeit, Welt und Wahrnehmung revolutionierte.

Albert Hofmann mit Katze
Albert Hofmann: Der »Vater« des LSD.
Kreative Köpfe wie Anaïs Nin, Aldous Huxley oder Stanley Kubrick haben sich von ihr inspirieren lassen, und die Beatles haben ihr mit »Lucy in the Sky with Diamonds« ein musikalisches Denkmal gesetzt: Die »Wunderdroge« LSD, die in den 60-er Jahren einschlug wie eine Bombe.

Zunächst wurde LSD nur im therapeutischen Rahmen genutzt und z.B. auch Schauspielern wie Cary Grant, James Coburn oder Larry Hagman verabreicht, für den LSD eine derart tiefgreifende Erfahrung war, dass es sein Leben und seine Sichtweise total verändert hat. »Man verliert sein Ego«, sagt Hagman, »was mich meine Angst vor dem Tod verlieren ließ, weil du schon dort gewesen bist, es erlebt hast.« Wie sein Kollege Cary Grant empfiehlt er: »Alle Politiker sollten das tun, mindestens ein Mal.«

Doch im Laufe der späten 60-er Jahre liefen die Dinge im Rahmen der Hippie-Bewegung aus dem Ruder, was zum Verbot und zur Stigmatisierung von LSD als »Aussteigerdroge« führte. Große Geister wie der radikale Philosoph Michel Foucault ließen sich jedoch nicht beirren und machten ihre eigenen Grenzerfahrungen. Ein LSD-Trip, den Foucault im Jahr 1975 am Zabriskie Point im kalifornischen Death Valley erlebte, brachte ihn an einen Punkt, der »das Äußerste an Intensität und zugleich an Unmöglichkeit fordert« und den er später als die beste Erfahrung seines Lebens beschrieb.

Sender und Empfänger

Eine Droge, die wie LSD in der Lage ist, das Weltbild eines Menschen nachhaltig zu verändern, wirft natürlich die Frage nach dem Verhältnis von Welt, Wahrnehmung und Wirklichkeit neu auf. Auch für Albert Hofmann, der ein Sender-Empfänger-Modell vorgeschlagen hat, um die Wirkung von LSD, aber auch unser Verhältnis zur Welt zu verstehen:

»Um die für das Zustandekommen eines Weltbildes notwendige Wechselbeziehung zwischen materieller Außenwelt und geistiger Innenwelt des Menschen anschaulich zu machen, kann man den Vergleich heranziehen, wie bei der Fernsehübertragung Bild und Ton entstehen. Die materielle Welt im äußeren Raum arbeitet als Sender, entsendet optische und akustische Wellen und liefert Tast-, Geschmacks- und Geruchssignale. Der Empfänger ist das Bewusstsein im Innern des einzelnen Menschen, wo die von den Sinnesorganen, von den Antennen empfangenen Reize in ein sinnlich und geistig erlebbares Bild der Außenwelt umgewandelt werden. Fehlte eines von beiden, der Sender oder der Empfänger, so käme keine menschliche Wirklichkeit zustande, gleich wie beim Fernsehen der Bildschirm leer und ohne Ton bleiben würde.«

Am Beispiel der optischen Wahrnehmung legt Hofmann dar, dass wir nur einen Bruchteil der in der Welt vorhandenen Wellen wahrnehmen und als Farben interpretieren. »Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass im äußeren Raum keine Farben existieren«, ergänzt er. »Im Allgemeinen ist man sich dieser fundamentalen Tatsache nicht bewusst. Was von einem Gegenstand, den wir als farbig sehen, in der äußeren Welt objektiv vorhanden ist, ist ausschließlich Materie, die elektromagnetische Schwingungen bestimmter Wellenlängen aussendet. Wenn ein Gegenstand von dem Licht, das auf ihn fällt, Wellen von 400 Nanometer reflektiert, dann sagen wir, er sei blau. Sendet er Wellen von 700 Nanometer aus, dann beschreiben wir das optische Erlebnis, das wir dabei haben, als rot. Es ist aber unmöglich festzustellen, ob beim Empfang einer bestimmten Wellenlänge alle Menschen das gleiche Farberlebnis haben. Die Wahrnehmung von Farbe ist ein rein psychisches und subjektives Ereignis, das im inneren Raum des Individuums stattfindet. Die farbige Welt, so wie wir sie sehen, existiert objektiv draußen nicht, sondern sie entsteht auf dem psychischen Bildschirm im Innern des einzelnen Menschen.«

»Wenn ein Chemiker kein Mystiker wird, ist er auch kein Chemiker«

Das Sender-Empfänger-Modell enthüllt die Tatsache, dass Wirklichkeit jeden Augenblick neu entsteht – in einem dynamischen und individuellen Prozess, in dem äußere Signale in innere Erfahrungen übersetzt werden. »Eigentliche Wirklichkeit gibt es also nur im Hier und Jetzt, im Augenblick«, betont der Entdecker des LSD. »Das erklärt, warum das Kind, das viel mehr im Augenblick lebt als der Erwachsene, ein wirklicheres Bild der Welt wahrnimmt; es lebt in einer Welt, der mehr Wirklichkeit, mehr Wahrheit zukommt. Das Erleben der wahren Wirklichkeit im Augenblick ist ein Hauptanliegen der Mystik. Hier treffen sich kindliches und mystisches Erleben.«

Richtig eingesetzt kann LSD – genau wie Meditation oder andere bewusstseinserweiternde Techniken und Drogen – laut Hofmann die Pforten der Wahrnehmung öffnen bzw. reinigen oder, um im Modell zu bleiben, den Empfänger neu einstellen, was zu einer wahren Flut an Wahrnehmungen und zu einer neuen Wirklichkeits- und Weltempfindung führt.

»Sie bringt die weltenschöpferische Potenz«, so Hofmann, »die jedem Individuum zukommt, voll zum Bewusstsein. Sie legt offen zutage, dass jeder Mensch der Schöpfer seiner eigenen Welt ist, denn einzig und allein in ihm wird die Erde und das bunte Leben auf ihr, werden der Himmel und die Sterne Wirklichkeit. In dieser wahrhaft kosmogonischen Fähigkeit, sich die eigene Welt zu erschaffen, liegt die eigentliche Freiheit und Verantwortung eines jeden Menschen.«

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Mathias Broeckers, Roger Liggenstorfer
Hofmanns Reisen
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ISBN 978-3-03788-201-6

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Albert Hofmann
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Dieter Hagenbach, Lucius Werthmüller
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ISBN 978-3-03800-530-8
AT Verlag

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Mathias Broeckers, Roger Liggenstorfer
Albert Hofmann und die Entdeckung des LSD
Buch: 180 Seiten, € 14,80, ISBN 978-3-03788-241-2
Hörbuch-CD: 73 min., € 9,90, ISBN 978-3-03788-182-8
Set: Buch und Hörbuch € 23,00, ISBN 978-3-03788-240-5

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