Jeder von uns kennt Gefühle wie Neid, Eifersucht, Missgunst und Schadenfreude. Sind diese Energien, unter denen heute so viele Menschen leiden, natürliche Begleiterscheinungen des Menschseins? Können wir diese Gefühle überwinden und zu liebenden, wertschätzenden Menschen werden, die jedem das gönnen, was er besitzt.

Eifersucht lässt Menschen zu Mördern werden, Neid zu Dieben, Zwietracht zu »Mobbern« und aus Missgunst wünschen Menschen anderen »die Pest an den Hals«. Und wenn es dem vorher Beneideten schlecht geht, blüht die Schadenfreude. Was treibt Menschen in einer Gesellschaft, in der es so vielen Menschen in materieller Hinsicht so gut geht wie noch nie, an, so lieblos mit ihresgleichen umzugehen und sich als auch dem anderen Leid zuzufügen? Wie können wir damit umgehen – egal auf welcher Seite wir stehen, auf der der Beneideten oder der der Neider?

Die Kindheit

Um den Ursprung zu finden, müssen wir zurückschauen in unsere Kindheit. Schon in unseren ersten Lebensjahren erlebten wir genauso wie unsere Kinder heute, dass wir mit anderen verglichen und bewertet wurden: »Schau mal, was dein Bruder schon kann, wie mutig der ist, wie gut seine Noten sind. Schau mal wie brav deine Schwester ist, sieht sie nicht schön aus in ihrem Kleid? Nimm dir ein Beispiel an diesem oder an jener. Ich wünschte, du wärst so wie sie/er.« Solche und viele andere Bemerkungen bewirken im Kind zweierlei. Erstens beginnt es ab sofort selbst, sich mit anderen zu vergleichen und sich zu verurteilen. Und zweitens erschafft es damit in sich Gefühle der Scham, Minderwertigkeit, der Trauer oder der Wut. Diese wiederum darf es nicht zeigen, denn keine Mutter und kein Vater nimmt das Kind mit diesen Gefühlen wertschätzend an oder ist gar in der Lage, ihm zu zeigen, wie es damit umgehen und sie auflösen könnte.

Sich mit anderen zu vergleichen geht bei uns mit Verurteilung einher und verursacht Leid und Schmerz, psychisch wie physisch. Es produziert in Gesellschaft und Wirtschaft ungeheure Kosten der Destruktivität und ein Klima des Gegeneinanders. Wir verurteilen uns selbst dafür, dass wir nicht das haben, was andere haben, oder so sind wie andere. Frauen und Männer verurteilen ihre Körper, ihre verkorksten Beziehungen, ihren Mangel in diesem oder jenem Bereich.

Der Hass auf uns selbst

Der Grundgedanke der Selbstverurteilung lautet: »Ich sollte anders sein. Ich sollte weiter sein, mehr haben und mehr in meinem Leben erreicht haben. Ich bin ein Versager. Ich bring es nicht.« Da uns solche Gedanken jedoch peinlich sind, machen wir sie uns selten bewusst, sondern verdrängen sie tief unten in der Kiste unseres Unbewussten. Damit sie dort bleiben und uns nicht täglich bewusst werden, brauchen wir etwas, das uns ablenkt. So richten wir unsere unbewusste Wut, den Gram, den Groll, die wir auf uns selbst empfinden, auf andere, die es scheinbar besser haben als wir. Das heißt, wir lenken uns durch unser verurteilendes, kritisierendes, trennendes Denken und Verhalten anderen gegenüber von unseren eigenen Gefühlen der Kleinheit und Scham ab.

Dass wir einst vor langer Zeit anfingen, uns selbst zu verurteilen und uns die Liebe zu entziehen, die wir brauchen, ist eine schmerzende Wunde, die auf Heilung wartet. Dies ist eine der wichtigsten Aufgaben jedes Menschen auf dem Weg zu innerem Frieden, Zufriedenheit und Lebensglück. Das Kind in uns ist es, dem wir, der/die Erwachsene, uns zuwenden können, um seine Gefühle, die uns bis heute steuern, zu verwandeln. Denn der Unfrieden, die Konflikte und das Mobben in Familien, Schulen und am Arbeitsplatz ist einzig und allein verursacht durch den Krieg in uns selbst, der oft auf tief verdrängtem Selbsthass beruht.

Ihr