Vegane Küche ist etwas für dröge Spielverderber? Gerichte ohne tierische Zutaten sind nur für Asketen mit erhobenem Zeigefinger? So etwas kann man wohl nur denken, wenn man noch nie den herrlichen Duft von Basmatitörtchen auf grünem Selleriepesto, Kichererbsen-Fritelle mit Gewürzäpfeln oder Kastanienspätzle mit Piniensauce eingeatmet hat … Vegane Kochkunst ist längst auch in der gehobenen Küche angekommen und überzeugt dort mit erlesenen Zutaten, köstlichen Gerichten und einem grandiosen Geschmackserlebnis!
Auch wenn die vegane Ernährung erfreulicherweise immer mehr Freunde findet, gibt es doch weiterhin Menschen, die vegan mit freudlos gleichsetzen und meinen, dass man sich hier nur von Tofu ernähre und den Genuss moralischen Bedenken opfere. Den Gegenbeweis tritt seit Jahren eindrucksvoll der italienische Gourmetkoch Simone Salvini an, der mit seinen außergewöhnlichen Kreationen sowohl der Gaumenfreude als auch unserer Gesundheit dient und gleichzeitig für ein nachhaltiges, ökologisches Handeln steht.
Seine Küche macht jeder echten italienischen Mama alle Ehre, verwöhnt mit gedämpften Brötchen, Conchiglioni mit Tatar von Sommergemüsen, schwarzen Tagliatelle, grünen Ravioli und Risotto alla milanese und entdeckt dennoch ganz neue Zutaten und Zubereitungen, die die italienische Küche erweitern und verfeinern. Wer hat schon einmal Focaccia aus Adzukibohnen, Crespelle aus Kastanienmehl oder ein Mandarinen-PistazienSorbet probiert? Ganz zu schweigen von Seitan-Beignets oder Tempeh-Röllchen mit einer Sauce aus Nashi-Birnen … Salvini vereint handwerkliche Kochkunst mit viel Fantasie und einem sinnenfreudigen Ansatz: Nachhaltiger Genuss, der weder uns noch unserer Umwelt schadet, steht hier im Vordergrund.
Mehr Pflanzen anbauen
Es gibt viele gute Gründe für eine vegane Ernährung: Der übermäßige Konsum von Fleisch und tierischen Fetten trägt maßgeblich zu einigen der ernstesten Erkrankungen bei, die wir Menschen kennen. Von Herzleiden über Diabetes bis hin zu manchen Krebsformen, lässt sich viel Leid auf den Fleischverzehr zurückführen. Zum menschlichen Leid gesellt sich das Leid der Tiere, die unter schrecklichsten Bedingungen gehalten und getötet werden. Und letztlich ist es auch die Ineffizienz der Fleischproduktion, die viele Menschen heute nachdenklich macht. Nahezu 50 Prozent der vorhandenen Anbaufläche auf der Welt wird zur Erzeugung von Futtermitteln für Tiere verwendet, deren Produkte (also Fleisch und Eier) jedoch nur eine vergleichsweise kleine Anzahl von Menschen ernähren können. Würde man auf dieser Fläche direkt pflanzliche Lebensmittel für Menschen anbauen, wäre die Ausbeute ungleich größer und könnte weitaus mehr Menschen zugutekommen, so dass nicht nur der reiche Westen davon profitierte, sondern auch sogenannte Entwicklungsländer.
Bewusster Umgang
Die eigene Gesundheit, ein ethisches Verhalten den Tieren gegenüber, eine gerechtere Ressourcenverteilung und ein allgemein bewussterer Umgang mit den Dingen, die uns Mutter Natur so freigiebig zur Verfügung stellt, sind Salvini überaus wichtig und haben allesamt zu seiner Entscheidung, sich vegan zu ernähren, beigetragen. Gleichzeitig ist er mit Leib und Seele Koch, ein Genussmensch und Ästhet, der es liebt, sich selbst und seine Gäste zu verwöhnen. Er ist das beste Beispiel dafür, dass ethisches Verhalten und eine bewusste Lebensführung nicht in Genussfeindlichkeit umschlagen müssen.
Salvini
Salvini war vier Jahre lang Küchenchef des berühmten »La Joia«, für lange Zeit das einzige vegetarische Restaurant, das im Guide Michelin ausgezeichnet wurde. Hier hat er seine Vision einer »friedlichen Ernährung« erprobt und ausgebaut. Er hinterfragte die Mythen, die es in der Welt der feinen Küche immer noch genauso gibt wie in den vielen Haushalten, in denen es täglich etwas auf den Tisch zu bringen gilt. Er beschäftigte sich mit dem Zusammenhang von immer glutenreicheren Weizenarten, aus denen die klassische italienische Pasta besteht, und den sprunghaft ansteigenden Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten, was ihn auf die Suche nach kulinarischen Alternativen führte. Er ersetzte Salz durch die raffinierte Kombination von pikanten Kräutern, verzichtete weitgehend auf Zucker und fand einen überaus schmackhaften Ersatz für Eier, so dass auch schaumiges und leichtes Gebäck möglich war. Seine Kreativität kennt keine Grenzen, so dass er auch neue Garmethoden entwickelte und z.B. Pasta röstete, anstatt sie zu kochen. Mittlerweile hat er sein Tätigkeitsfeld nochmals erweitert, bietet auch Kochkurse an, hält Vorträge und ist zu einem wirklichen Botschafter einer »friedvollen Ernährung« geworden.
Seine Rezepte sind köstlich, seine Art, sie anzurichten ist eine verführerische Kunst. Er will nicht bekehren, sondern inspirieren, die Früchte seiner Arbeit teilen, in die neben viel Herzblut und einem Sinn für die Zusammenhänge auf unserem Planeten vor allem viel Freude eingeflossen ist. Salvini lacht viel und ist der Überzeugung, dass das Essen gut wird, wenn der Koch gute Laune hat. Er schreibt, dass die vegane Küche lebenbejahend sei, »weil sie wieder Wert auf einen freundlichen Umgang mit allen Geschöpfen legt«. Diese innere Haltung, die das Leben ehrt und gleichzeitig feiert, kann man schmecken und genießen!
Nachfolgend finden Sie eine kleine Auswahl seiner Rezepte aus »Vegan auf Italienisch«:
400 g Cannellini-Bohnen
2 Scheiben toskanisches Weißbrot
1 Karotte
1 Stängel Staudensellerie
1 Stange Lauch
1 Mangold
1 Schwarzkohl
1⁄2 Wirsingkohl
1 Zweig Rosmarin
6 Blätter Salbei
5 Lorbeerblätter
1 Stück Kombu-Alge
frischer Thymian
Zitronenschale (von einer Bio-Zitrone!)
mildes Olivenöl zum Braten
Toskanisches Olivenöl (am besten aus Reggello)
Salz und frisch gemahlener Pfeffer
Die Bohnen über Nacht einweichen.
In eine Kasserolle mit dickem Boden geben und mit so viel Wasser auffüllen, dass sie bedeckt sind. Rosmarin, 6 Salbeiblätter, 3 Lorbeerblätter und 1 Stück Kombu-Alge dazugeben und zum Kochen bringen. Etwa 40 Minuten köcheln lassen und erst gegen Ende der Kochzeit salzen. Die Hälfte der Bohnen und etwas von dem Kochwasser mit dem Mixstab pürieren. Die ganzen Bohnen beiseitestellen. Das Gemüse putzen und vom Strunk befreien. Karotten und Sellerie in Würfel schneiden. Den Lauch zu Julienne verarbeiten. 2 Lorbeerblätter und Thymian hinzufügen und in einem Topf mit etwas mildem Olivenöl 5 Minuten lang anbraten. Die ganzen Bohnen dazugeben. Mangoldblätter, Schwarzkohl und Wirsing von den Stielen befreien, grob schneiden und in den Topf geben.
30 Minuten auf niedriger Flamme köcheln lassen. Dabei immer wieder Bohnenpüree und -kochwasser zugeben. Mit Salz und Pfeffer würzen. Vom Herd nehmen. Das Brot ohne Kruste in die Suppe legen. Mit dem Holzlöffel vermengen und zu einer Kugel formen. Bei Raumtemperatur abkühlen lassen.
Mit dem Mixstab das restliche Bohnenpüree mit Olivenöl und Zitronenschale pürieren. In tiefe Teller geben. Den Brotknödel in die Mitte setzen. Mit Thymian und ein paar Tropfen toskanischem Olivenöl servieren.
500 g Conchiglioni-Nudeln (handgemacht)
2 gelbe Paprikaschoten
2 Zucchini
2 Tomaten am Zweig
2 helle Auberginen
2 Karotten
200 g Haselnussmilch
Zitronenschale (Bio-Zitrone)
mildes Paprikapulver
mildes Olivenöl zum Braten
Olivenöl mit Peperoncino
Olivenöl, extra vergine
Salz und frisch gemahlener Pfeffer
Die Paprikaschoten putzen, der Länge nach halbieren, entkernen und mit einem Sparschäler häuten. In Würfel schneiden und auf kleiner Flamme mit wenig Öl weich braten. (Während des Bratens keine Flüssigkeit zugeben.) Salzen und mit dem Messer so fein schneiden, dass eine kompakte Masse entsteht. Beiseitestellen. Die Zucchini putzen, Strunk und Anfangsstück entfernen, halbieren und großzügig von Kernen befreien, den Rest mit der grünen Schale in feine Würfel schneiden. Auf kleiner Flamme mit wenig Öl einige Minuten braten. Salzen und mit fein gehackter Zitronenschale würzen. Beiseitestellen. Die Tomaten einige Minuten blanchieren. Häuten und von Stielansatz und Samen befreien. Das Fleisch in feine Würfel schneiden, mit Olivenöl, Salz und Pfeffer würzen. Beiseitestellen.
Die Auberginen putzen, mit einem Sparschäler der Länge nach schälen und in 2 Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Maximal 12 Minuten lang im Dämpfer garen. In kleine Stücke schneiden und mit Peperoncino-Öl und Salz würzen. Beiseitestellen. Die Karotten putzen, schälen und in Stücke schneiden. Einige Minuten lang mit wenig Öl andünsten. Salzen und beiseitestellen.
Kochen Sie die Conchiglioni etwa 8 bis 9 Minuten lang in Salzwasser (8 Gramm Salz pro Liter). Abgießen und in kaltem Wasser abkühlen. Herausnehmen, mit etwas Olivenöl vermischen und mit den fünf verschiedenen Sorten Gemüsetatar füllen. Dann 4 Minuten lang bei 180 °C in den Backofen schieben.
Die Haselnussmilch auf 40 °C erhitzen, mit dem Mixstab aufschlagen, bis daraus ein fester Schaum entsteht. 2 Minuten ruhen lassen. Die Conchiglioni heiß auf den Tisch bringen. Mit dem Haselnuss-Milchschaum dekorieren und mit Paprikapulver bestreut servieren.
200 g Basmatireis
1 Karotte
1⁄2 Stange Lauch (nur der weiße Teil)
1 reifer Pfirsich
1 Msp. Safranpulver
Bio-Zitronenschale
Chilischote (nach Belieben)
Reismehl
30 ml Reisöl
natives Pflanzenöl aus biologischem Anbau
Für das Selleriepesto
100 g Selleriegrün (vom Staudensellerie)
50 g Petersilie
50 g Minzeblätter
100 g Mandeln
150 ml Olivenöl, extra vergine Salz
Den Reis 14 Minuten lang in Salzwasser garen (8 Gramm Salz pro Liter). Safran und fein gehackte Zitronenschale mit Reisöl verrühren. Reis abgießen und mit dem Würzöl vermischen. Fein gehackte Chilischote dazugeben. 4 runde Metallformen mit 5 Zentimetern Durchmesser einölen, den Reis locker hineindrücken und 8 Minuten lang bei 200 °C backen. Aus dem Ofen nehmen, die Törtchen stürzen und warm stellen.
Für das Pesto Sellerieblätter, Petersilie und Minze 1 Minute lang blanchieren. Abgießen und in Eiswasser abschrecken. Vorsichtig ausdrücken und in den Mixer geben. Das Olivenöl sowie 50 Milliliter Wasser in den laufenden Mixer rinnen lassen. Kurz vor Ende die Mandeln in den Mixer geben. Mit etwas Salz abschmecken und noch einmal kurz durchmixen. Das Pesto sollte eine dickflüssige Konsistenz haben. Noch etwas Wasser dazugeben, falls nötig. Das Pesto bis zum Servieren im Kühlschrank aufbewahren. Die Karotte und den Lauch putzen. Dann beide Gemüse in streichholzlange Streifen schneiden, in Reismehl wenden und in Pflanzenöl bei niedriger Temperatur knusprig frittieren. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen und leicht salzen.
Zum Servieren das Pesto auf dem Teller verteilen. Das Reistörtchen in die Mitte setzen und das Knuspergemüse darüber geben. Mit einem Stück Pfirsich dekorieren.
Vegan auf Italienisch – 100 raffinierte Rezepte aus der Gourmet-Küche
216 Seiten, € 24,89
ISBN: 978-3-86264-246-5
Hans Nietsch Verlag