Er gutes Beispiel für ehrenamtliches junges Engagement: Beim ersten »Cradle to Cradle« Kongress an der Leuphana Universität in Lüneburg fanden sich rund 600 Teilnehmer ein. 34 Akteure waren als Referenten, Moderatoren oder in anderen Funktionen daran beteiligt sowie 80 überwiegend junge Helfer aus allen Teilen Deutschlands.
Cradle to Cradle, von der Wiege zur Wiege, heißt: Stoffströme für sämtliche Güter zirkulieren in technischen oder biologischen Kreisläufen. Ein T-Shirt z.B., das keine schädlichen Bestandteile enthält und durch die Materialauswahl biologisch abbaubar ist, kann kompostiert werden. Es geht in den biologischen Kreislauf zurück und ist ein biologischer Nährstoff. In einem technischen Kreislauf können entsprechend ausgewählte Materialien zirkulieren – Voraussetzung dabei ist, dass Produkte sich wieder in ihre Bestandteile zerlegen lassen und dadurch technische »Nährstoffe« für Folgeprodukte werden. So kann jeder Fernseher und jede Waschmaschine wieder zu etwas Neuem werden. Was heute Abfall ist, ist morgen eine wichtige Ressource.
Der Kongress mit dem Titel »Verstehen. Umdenken. Gestalten.« war für den Veranstalter, den Cradle to Cradle e.V., der erste große Schritt, mit seinem Konzept an die Öffentlichkeit zu gehen. »Wir treten ein für eine Welt, in der alles als Nährstoff begriffen werden kann, wo jeder Fußabdruck, jedes Handeln des Menschen etwas Positives bewirkt«, erklärt Geschäftsführer Tim Janßen den Hintergrund des Vereins, der sich im Jahr 2012 gegründet hat. Konsequenz dieses Denkens sei letztlich eine Welt ohne Abfall, in der sich der Mensch als nützlich begreife, nicht als Schädling.
Das Konzept hat so unterschiedliche Menschen wie den Bildungsexperten Reinhard Kahl, Wirtschaftsvertreter wie Stef Kranendijk von Desso oder Jürgen Schmidt von Memo, Künstler wie Pablo Wendel oder Philosophen wie Michael Schmidt-Salomon inspiriert. Auch Niedersachsens Umweltminister Stephan Wenzel hat engagiert mitdiskutiert. Sie alle trugen dazu bei, dass auf dem Kongress die vielen verschiedenen Aspekte des Konzepts beleuchtet wurden, dass ein breiter Querschnitt gesellschaftlicher Akteure sich austauschen konnte und dass Aufbruchsstimmung zu spüren war in den Gängen und Hörsälen der Leuphana Universität.
Neben verschiedenen Impulsreferaten gab es auch Foren und Workshops, in denen sich Teilnehmer mit bestimmten Fachinteressen zusammenfanden und diskutierten. So saßen im Fachforum Textil beispielsweise Designer, Boutiquenbesitzer und Garnhersteller zusammen, im Fachforum Bau waren es Architekten, Baudienstleister und Quartiersplaner. Die Zuhörer beeinflussten die Diskussion maßgeblich mit Fragen, die per SMS, E-Mail über sogenannte Anwälte des Publikums eingebracht wurden.
Auch mit der Organisation des Kongresses insgesamt wollte der Cradle to Cradle e.V. sich an seinen eigenen Maßstäben messen lassen – so waren zum Beispiel die Namensschilder aus Pappe und wurden mit einem Band um den Hals getragen. Die Verpflegung war vegetarisch und es kamen regionale und biologische Lebensmittel zum Einsatz, die aufgrund ihrer Formen nicht in den Handel gelangt waren. Das Programm und andere Druckerzeugnisse stellte ein österreichisches Unternehmen her, das nach den Cradle to Cradle Prinzipien arbeitete, und über Strom aus Kunstobjekten wurde die Energieversorgung ergänzt.
Die Veranstalter freuten sich über viele positive Rückmeldungen. »Wir wollten Akteure verschiedener Fachrichtungen zusammenbringen und sie für ein Denken nach Cradle to Cradle begeistern. Das scheint uns gelungen zu sein«, meinte Nora Sophie Griefahn, Geschäftsführerin. In der Tat: Von 9 bis 22 Uhr lief das Programm. Als zum Schluss alle Helfer auf die Bühne geholt wurden, war der Hörsaal 2 noch genauso gut gefüllt wie am Morgen. Die Teilnehmer verabschiedeten die Organisatoren mit Standing Ovations – mit diesem Schwung kann sich der Cradle to Cradle e.V. nun an die Organisation des nächsten Kongresses wagen.
Der Cradle to Cradle e.V., gemeinnützige Organisation mit Sitz in Hamburg, wurde 2012 gegründet, um Cradle to Cradle in die Mitte der Gesellschaft zu bringen. In aktuell 13 Regionalgruppen engagieren sich Menschen für die Veränderung hin zu einem positiven Fußabdruck.
Nora Sophie Griefahn
Trostbrücke 4
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