Der Beruf der Hebamme ist einer der ältesten der Welt. Der Begriff Hebamme stammt von dem althochdeutschen Hev(i)anna: »Ahnin/Großmutter, die das Neugeborene aufhebt/hält«. Eine Hebamme betreut das Geburtsgeschehen während der Schwangerschaft, der Geburt und anschließend im Wochenbett.
Bereits aus der Antike gibt es Zeugnisse für die Tätigkeit von Hebammen. Tempelmalereien von der Drillingsgeburt der Pharaonenkinder des ägyptischen Sonnengottes Re aus dem 3. Jahrtausend vor Christus sind eines der ältesten Zeugnisse der Hebammenkunst. Und in den Berichten über den Auszug der Israeliten aus Ägypten unter der Führung Moses‘ heißt es im 2. Buch Mose im Alten Testament und der Tora:
In der Antike durften nur Frauen Hebammen werden, die selbst schon geboren hatten und nicht mehr schwanger werden konnten. So waren sie bereits erfahren genug, um jüngeren Frauen beizustehen. Zu den wesentlichen Aufgaben der Hebamme gehörten zu Lebzeiten des Sokrates neben der Anregung und Reduzierung der Wehen, der Entbindung des Kindes auch die Ehevermittlung sowie die Abtreibung.
Im europäischen Mittelalter wurden Hebammen immer mehr verpflichtet, auch im Auftrag der Kirche zu handeln. Sie sollten Neugeborene zur Taufe bringen und im Fall eines Kindstodes die Nottaufe vornehmen. Ab 1310 wurde die Hebamme von der Kirche zur Taufe und zu einem christlichen Lebenswandel verpflichtet.
»Und Gott tat den Hebammen Gutes; und das Volk mehrte sich und wurde sehr stark. Und es geschah, weil die Hebammen Gott fürchteten, so machte er ihnen Häuser.«
Mit der zunehmenden Vorherrschaft der Kirche schlich sich ein Wandel im Ansehen des Hebammenberufs ein. Nachdem Papst Innozenz VII. im Jahr 1484 die »Hexenlehre« anerkannte, stellten Dominikaner im »Hexenhammer«, dem Werk, das die Hexenverfolgung legitimierte, klar: »Keiner schadet der katholischen Kirche mehr als die Hebammen.« Es entstanden strenge Berufsordnungen für Hebammen, bei denen der Stand der geschworenen Hebamme geschaffen und eine einheitliche Ausbildung organisiert wurde. Ab dieser Zeit regelten immer mehr Verbote und Gebote die Arbeit der »Wehefrauen«, wie die Hebammen auch genannt wurden. Im Spätmittelalter riskierten Hebammen zunehmend, Opfer der Hexenverfolgung zu werden.
Ab dem 20. Jahrhundert ließen immer mehr Frauen in Kliniken entbinden. Hebammen wurden nun verpflichtet, den Krankenhäusern Fehlbildungen und Krankheiten neugeborener Kindern zu melden. Seit den 2000er Jahren stieg die Zahl der Hebammen und Entbindungspfleger in Deutschland allerdings wieder an. Viele davon sind in Kliniken angestellt. Bei 99 Prozent der Klinikgeburten war 2013 eine Hebamme anwesend.
2010 erhöhten die Haftpflichtversicherungen ihre Beiträge von ca. 450 € pro Jahr auf ca. 3700 € pro Jahr, und in den letzten Jahren fanden weitere Erhöhungen bis auf 4400 € statt. Grund sollen die gestiegenen Kosten für Personenschäden sein. Der Berufsstand der Hebammen gerät dadurch jedoch in Gefahr, da die Versicherungssummen nicht im Verhältnis zu den Einnahmen stehen. 60 Prozent der Hebammen in Deutschland sind freiberuflich tätig. Der Hebammenverband reichte daher eine Petition an den Bundestag ein.
Die Nürnberger Versicherung kündigte nun 2014 an, sich zum 1. Juli 2015 aus den letzten beiden Versicherungskonsortien für Hebammen zurückzuziehen. Für Hebammen, die ohne Berufshaftpflichtversicherung nicht arbeiten dürfen, könnte dies fatale Folgen haben. Zur Lösung des Problems wird die Einführung eines staatlich finanzierten Haftungsfonds und eine generell höhere Entlohnung für Hebammen diskutiert.
Es ist höchste Zeit, den Beruf der Hebammen zu unterstützen, damit einer der ältesten Berufe nicht ausstirbt und Frauen ausschließlich darauf angewiesen sind, in Kliniken zu entbinden, in denen überarbeitete Ärzte zügig ihre Arbeit verrichten müssen und Antibiotika resistente Erreger das derzeitige Topthema sind. Nicht zuletzt fühlen viele Frauen, dass die Geburt eines Kindes ein einzigartiger feierlicher und für Mutter und Kind stark prägender Moment ist, der in den wenig ansprechenden Räumen einer Klinik und einer Umgebung, in der es um Krankheit und Leid geht, nicht der richtige Ort ist.
Ein Faktor, der Frauen häufig davor zurückschrecken lässt, mit einer Hebammen und z.B. zu Hause zu gebären, ist, dass sie nicht mehr auf ihre eigenen Kräfte und ihr inneres Wissen vertrauen. Eine Frau, die dieser Situation entgegenwirken will, ist Kristina M. Rumpel. In der kommenden Ausgabe von newsage lassen wir sie im Interview berichten, auf welche Weise sie sich dafür einsetzt, dass Frauen das Gebären wieder als zutiefst weiblichen Akt und als ein Ereignis erleben können, das mehr als nur die physische Ebene berührt.
Rechtzeitig zum Internationalen Tag der Hebammen am 5. Mai startet sie außerdem das Internet-Portal www.flowbirthing.de. FlowBirthing steht für alles, was eine selbstbestimmte harmonische Geburt unterstützt. Das können sowohl ganzheitlich ausgerichtete als auch medizinische Angebote sein. Alle bewährten und heilvollen Methoden für einen bewussten und würdevollen Start ins Leben werden hier integriert und zu vernetzt.
Ziel des Portals ist es, den Aufbruch in eine neue Geburtskultur anzuregen, und alle Ansätze zu stärken, die eine selbstbestimmte, natürliche Schwangerschaft und Geburt zum Ziel haben. Neben Informationen, Blogs und einem Forum wird das Portal professionelle Anbieter vorstellen, die den Aufbruch in diese neue Geburtskultur im Herzen mittragen. So wird ein Weg geebnet, auf dem immer mehr Frauen den Geburtsprozess als ungeahnte Kraftquelle und Inspiration erfahren können.