„Wenn du glaubst, du müsstest eine bestimmte Philosophie oder Religion, das heißt irgendein künstlich erdachtes Denksystem studieren, um zu erwachen, ist das ein gewaltiger Irrtum.“ So erklärt Zen-Meister Zensho W. Kopp und betont: „Das ist wahres Lernen im Geiste des Zen, dass du lernst, dass es in Wirklichkeit nichts zu lernen und zu suchen gibt. Denn wo nicht gesucht wird, ist der ungeborene Eine Geist gegenwärtig.“
Zen-Meister Yün-men, 864-949, Zeichnung von Zensho W. Kopp |
Als einer der bedeutendsten Zen-Meister der Gegenwart unterweist Zensho W. Kopp heute in direkter Dharma-Nachfolge von Zen-Meister Soji Enku (1908-1977) im Wiesbadener Zen-Zentrum eine große Gemeinschaft von Schülern. Zen ist für ihn die Essenz und der Höhepunkt des gesamten Buddhismus – und wahres Zen interessiert sich nur für die reine unverfälschte Wahrheit an sich: „Alle religiösen Systeme und philosophischen Lehren sind in den Augen des Zen nichts weiter als gehirnakrobatische Spekulation und eine Anhäufung von intellektuellem Sperrmüll und deshalb ohne jeden Wert“, redet Zensho „Klartext“. Ein Gefangensein im Kreislauf von Geburt, Altern, Verzweiflung, Krankheit, Schmerz und Tod – das alles sind Bestandteile des Traumes, den die Menschen träumen. Und laut Zensho gibt es nur eine Möglichkeit, um da herauszukommen, und die ist: „Aufwachen! Werde wach und hör auf zu träumen!“
Falsche Praxis
So warnt der deutsche Zen-Meister auch vor falscher Zen- Praxis: „Es entspricht nicht dem wahren Geist des Zen, wenn du dich bemühst, mit gekreuzten Beinen alle Gedanken zu unterdrücken und so in einem Zustand stumpfer Teilnahmslosigkeit verharrst…“, und er versichert weiter: „…Bestenfalls erlangst du so eine vorübergehende Ausschaltung des Denkens oder einen Zustand des Yogaschlafs. Hier gibt es kein wirkliches Schauen, kein Erkennen und kein lebendiges Erleben deines ursprünglichen wahren Wesens.“
Der wahre Zen-Weg der Erleuchtung sei hingegen das mystische Sterben: „Stirb, und sei ganz tot! Dann tu, was immer du willst, und alles ist gut, so wie es ist.“ Denn in diesem Moment des totalen Loslassens geschieht zugleich ein „Auflösen in die grenzenlose Weite des Seins“ – das ist der Moment blitzartiger Erleuchtung. Denn: „Es gibt keine stufenweise Erleuchtung. Sie hat keine verschiedenen Stufen und geschieht ganz plötzlich“, betont Zensho.
Tiefere Bedeutung erfassen
In seinem neuen Buch „Zen- Worte der blitzartigen Erleuchtung“ erläutert Zensho die besten Koans und Mondos der Zen-Literatur, die sonst nur schwer verständlich und in ihrer tieferen Bedeutung kaum zu erfassen sind – insbesondere jene „schlagfertigen“ Dialoge zwischen Schüler und Meister, in denen oftmals handgreiflich das festgefahrene Denken des Zen-Schülers „zerschlagen“ wird: „Ein Mönch fragte Zen- Meister Yün-men: ‚Wie ist es, wenn man weder spricht noch schweigt?’ Der Meister nahm seinen Stock und jagte den Frager zur Halle hinaus.“
Von Zensho W. Kopp gezeichnete Porträts großer Zen-Meister und ein umfangreiches Glossar ergänzen dieses „erleuchtende“ Praxisbuch des Zen.
BUCH-TIPP: |
Zensho W. Kopp |
‚Zen-Worte der blitzartigen Erleuchtung‘ |
310 Seiten, € 17,95 |
ISBN 978-3-89767-915-3 |
Schirner Verlag |