Dalai Lama Superstar

Der Dalai Lama, Tibet und sein Buddhismus sind nicht nur aufgrund der gerade zu Ende gegangenen Olympischen Spiele in China im Fokus der Medien. Die internationale Fackellauf-Farce, begleitet von Demonstrationen und Protesten, die Bilder von der Verfolgung tibetischer Mönche im Vorfeld der Spiele und entsprechend kritische Medienkommentare sind Ausdruck eines erwachenden Bewusstseins, dass es nicht länger hinnehmen will, was dort im Namen der Diplomatie und wirtschaftlicher Interessen von zu vielen Regierungen kritiklos geduldet wird. Um dies zu ändern und ein Bewusstsein für die Situation Tibets zu schaffen, scheut der Dalai Lama keine Mühen und Medienauftritte: Er wird gefeiert wie ein Superstar und kämpft nun auch im Kino auf friedliche Weise nicht nur für ein freies Tibet, sondern auch für eine bessere Welt.

Indiana Jones trifft Dalai Lama! Geht nicht? Das Kino macht es möglich: Ende Oktober startet nun auch endlich bei uns ein Film, der in den USA und in anderen Ländern bereits für Furore gesorgt hat, „Dalai Lama Renaissance“, ein Film von Khashyar Darvich, der den Indy-Darsteller Harrison Ford als Sprecher gewinnen konnte. „Ich wollte die Sprecherrolle in‚ Dalai Lama Renaissance’, weil ich an den positiven Einfluss Seiner Heiligkeit in unserer Welt glaube. Für mich ist der Film eine Möglichkeit, die optimistischen Bemühungen einer außergewöhnlichen Persönlichkeit zu unterstützen“, erklärt der Hollywood-Star.

Dabei geht es in der vielfach preisgekrönten Dokumentation gar nicht primär um Tibet und den Buddhismus: Zum Anfang des Jahrtausends lud der Dalai Lama vierzig Menschen zu sich ein, führende Denker aus der westlichen Kultur. Man traf sich in seiner Residenz in Dharamsala, Indien, um die aktuellen Probleme unserer Welt zu diskutieren und nach neuen Lösungsansätzen zu suchen.

Harrison Ford, Sprecher der Originalversion

Die Erwartungen der Teilnehmer der „Synthesis Group“ – unter ihnen auch die Physiker Fred Alan Wolf und Amit Goswami, beide bekannt aus „The Bleep“ – an die Zusammenkunft waren verständlicherweise hoch. Mit Hilfe einer Synthese ihrer unterschiedlichen Disziplinen wollten sie Lösungen finden, um die Welt zu verändern. Doch einige von ihnen sahen sich bald damit konfrontiert, mit ihren Persönlichkeiten hinter die Ziele der Gruppe zurücktreten zu müssen. Manche fühlten sich „unverstanden“ und wünschten sich, in Privataudienzen mit dem Dalai Lama zu sprechen. Doch dies konnte und durfte nicht das Ziel des interdisziplinären Dialogs sein, vielmehr sollte es eine Annäherung an eine allgemeingültige Antwort für die Zukunft der Menschheit werden. So drohte das Projekt an den Egos der Teilnehmer zu scheitern, noch bevor es eigentlich begonnen hatte.

Es war am Ende der Dalai Lama, der die Teilnehmer an ihre Absicht erinnerte, ganz nach dem Vorbild des tibetischen Buddhismus mehr Mitgefühl und Glück durch das reflektierte und verantwortungsbewusste Handeln jeder einzelnen Person in die Welt zu bringen. Mit seinem weisen Humor gelang es ihm, die Gruppe immer wieder zusammenzubringen und einzelne Persönlichkeiten von der Sache als Ganzes zu überzeugen. Und es war auch der Dalai Lama, der die „Synthesis Group“ immer wieder daran erinnerte, dass der Fokus der Gespräche nicht der Tibet-Konflikt sein sollte und durfte. Der Tibet-Konflikt sei vielmehr eines von vielen Problemen in unserer Welt, die es zu lösen gelte.

Das Ergebnis der Gespräche und das Resümee des Filmes sollen hier natürlich noch nicht verraten werden – nur so viel: Es beschränkt sich nicht auf einzelne Religionen, einzelne Länder oder Fragestellungen, es setzt bei jedem einzelnen Menschen an. Und doch steht es in enger Verbindung zum tibetischen Buddhismus, der auch das Thema der jüngst auf einer Doppel-DVD erschienenen Dokumentation „Der Weg zur Erleuchtung“ ist.

Wissenschaftler der „Synthesis Group“

Der Doku-Film des Regisseurs Kaushik Ray Gupta erläutert in fünf Episoden die Praxis des tibetischen Vajrayana-Buddhismus und erkundet seine traditionellen und metaphysischen Aspekte, einschließlich Reinkarnation und Weissagung. „Der Weg zur Erleuchtung“ führt uns von den entlegensten Gegenden des Himalaya über Tausende von Kilometern in das Innere blühender Klöster in Tibet und Indien. Wir begleiten buddhistische Mönche auf ihrem spirituellen Weg zur Erleuchtung, werden Zeuge spektakulärer Rituale und gewinnen Einblicke in die vielfältigen Lehren und Techniken des gelebten tibetischen Buddhismus.

Wir werden eingeweiht in die Geheimnisse der traditionellen tibetischen Medizin, wohnen tibetischen Ärzten bei der Behandlung von Patienten bei und erfahren mehr über das Sammeln von Heilpflanzen und deren Verarbeitung zu Arzneien. Neben der Fülle an kulturellen, religiösen und spirituellen Informationen, streift der Film auch die politische Geschichte Tibets, insbesondere die Auseinandersetzungen mit China: Verschiedene religiöse Führer und der Dalai Lama äußern sich unter anderem zur Bedeutung eines freien Tibets. In diesem Zusammenhang berichtet auch Hollywood-Star, Buddhist und Tibet-Aktivist Richard Gere über den Panchen Lama, der im Alter von sechs Jahren, unmittelbar nach der Anerkennung durch den derzeitigen Dalai Lama, von den chinesischen Sicherheitskräften mitsamt seiner Familie aus Tibet verschleppt wurde.

Jenseits aller politischer Querelen und der unhaltbaren Situation eines besetzten Tibets zeigen beide Dokumentarfilme die wahre Größe von Tenzin Gyatso, dem „Ozean der Weisheit“, der bei uns besser als der 14. Dalai Lama bekannt ist, und vor allem auch die überragende und zukunftsweisende Bedeutung der Lehre, für die er steht: „Mitgefühl für alle Wesen“, eine Macht, die nicht zu unterschätzen ist.

Surf-Tipps:
www.dalailama.com , www.tibet-initiative.de , www.tibet.de
www.buddhismus.de , www.buddhismus-deutschland.de

DVD-TIPP
Regisseur: Khashyar Darvich
Dalai Lama Renaissance
Spieldauer: 81 Minuten
Im Verleih von Horizon Film

BUCH-TIPP
Regisseur: Kaushik Ray
Der Weg zur Erleuchtung
Doppel-DVD, Spieldauer: 150 Minuten
Edel Entertainment