Die Entdeckung des esoterischen Christentums

Vor fünfundzwanzig Jahren wurde ich plötzlich hellsichtig. Es geschah in einem Moment, in dem ich eine schwierige Zeit durchmachte: Ich hatte jemanden verloren, der mir lieb war. Am nächsten Sonntag – ich betete gerade in der Kirche für den Verstorbenen – sah ich plötzlich ein strahlendes Licht an der Kirchenwand. In diesem Licht erschien ein Gesicht, unglaublich liebevoll und tröstend. Laut sagte es zu mir: „Ich werde für ihn sorgen.“ Diese Erfahrung war wie das Öffnen einer Tür: Ab jenem Augenblick kamen Verstorbene zu mir und baten mich, ihren geliebten Hinterbliebenen Nachrichten weiterzuleiten. Auch erschienen mir Engel, die mir nicht nur persönliche Nachrichten überbrachten, sondern mir auch von der so besonderen Zeit erzählten, in der wir jetzt leben.

Diese Erfahrungen machten es mir aber nicht leicht. Denn am Sonntag musste ich als Pfarrer von der Kanzel predigen. Da konnte ich doch nicht erzählen, dass unsere Verstorbenen oft bei uns sind und unsere Liebe auch dort, in der geistigen Welt, brauchen. Auch konnte ich nicht über Engelerscheinungen berichten und schon gar nicht von Karma oder Reinkarnation reden. Ich bekam das Gefühl, eine gespaltene Persönlichkeit zu sein: Während der Woche lebte ich mit Engeln und Verstorbenen, doch am Sonntag konnte ich nicht darüber berichten. So konnte ich nicht weiter leben. Ich sah keine andere Lösung als aus der Kirche auszutreten und mein Amt als Pfarrer niederzulegen.

Dann kam mir jedoch plötzlich ein neuer Gedanke: Gab es vielleicht eine Brücke zwischen den beiden Welten, der Welt des Pfarrers und der des Hellsehenden? Da entdeckte ich das ursprüngliche, spirituelle Christentum: In den ersten drei Jahrhunderten gab es ein weit verbreitetes, spirituelles Christentum. Ein Christentum, in dem Männer und Frauen ebenbürtig waren. Ein Christentum, das den Weg nach Innen lehrte und erklärte, dass man sich von weltlichen Autoritäten lösen sollte wie auch von den Priestern, um dem inneren Wissen gehorchen zu können. Ein Christentum, das Karma und Wiedergeburt kannte.

Dieses spirituelle oder esoterische Christentum wurde ab dem vierten Jahrhundert, als der Römische Kaiser das kirchliche Christentum als Staatsreligion anerkannte, verboten und vernichtet. Auch die Bücher dieses Christentums, wie das Evangelium von Maria Magdalena oder das Evangelium von Thomas wurden verboten: Jeder, der so eine Schrift im Besitz hatte, wurde getötet. Oft drängte es wieder an die Oberfläche wie bei den Mystikern Johannes Tauler oder Hildegard von Bingen. Aber immer wieder wurde es unterdrückt und ausgerottet. Bis in die heutige Zeit hinein.

Im Jahr 1945 wurden dann in der ägyptischen Wüste die oben genannten, verlorenen Bücher wiederentdeckt. Auch dadurch kommt jetzt das esoterische Christentum wieder an die Oberfläche und kann jetzt wohl nicht mehr ausgerottet werden. Aus dem Grund bin ich dann doch Pfarrer geblieben und erzähle, wo immer es möglich ist, von diesem spirituellen, esoterischen Christentum, das Christentum der Zukunft. Das alte, kirchliche Christentum stirbt in unserer Zeit und ein neues, urspüngliches Christentum wird geboren.

BUCH-TIPP
Hans Stolp, Margarete van den Brink
Begegnungen im Lichtreich
180 Seiten, € 8,95
ISBN: 978-3-89427-186-2
Aquamarin Verlag