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Wir alle können von Nahtod-Erfahrungen lernen!

Christophor Coppes ist Präsident der International Association for Near-Death Studies in den Niederlanden. Er hat in seinem Buch »Der Himmel ist ganz anders« eine große Anzahl Fallstudien von Nahtoderfahrungen sorgfältig dokumentiert. In der überwiegenden Zahl berichten Betroffene vom Eintritt in eine lichte Welt, in der völlig andere Bewusstseinsstrukturen und ein Übermaß an Liebe herrschen. Erkenntnisse aus diesen Schilderungen lassen sich vor allem in Bezug auf den Sinn der Schöpfung und den Sinn unseres Lebens ableiten.

Ausschnitt des BuchcoversSie sind Banker und Wirtschaftswissenschaftler und beobachten für Unternehmen wie die Niederländische Zentralbank die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte und ebenfalls Präsident der International Association for Near-Death Studies. Wie passen diese beiden Interessen zusammen?

Christophor Coppes: Beide Interessen passen gut zusammen, auch, wenn ich dabei bisweilen mich im Spagat üben muss. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass Nahtod-Erfahrungen nicht »nur« in medizinischer oder spiritueller Hinsicht betrachtet werden, sondern auch aus anderen Perspektiven. Wir müssen begreifen, dass wir weltweit unser Bestreben auf den langfristigen »Gemeinnutz« konzentrieren müssen. Wenn ein Wirtschaftswissenschaftler diese Botschaft verkündet, hören die meisten eher hin, als wenn dies Jemand sagt, der einen Nahtod erlebt hat.

Die Verbundenheit von allem mit allem ist ein zentrales Motiv in Nahtod-Erfahrungen. Inwieweit stehen alle Menschen und Dinge im Universum miteinander in Beziehung?

Diese Verbundenheit geht sehr tief. Das beste Beispiel dafür ist der Lebensrückblick. Bei der Rückschau erkennen wir, welche Wirkung unsere Aktivitäten auf andere hatten. Wir haben sogar Zugang zu ihren Gefühlen. Wir können fühlen, was die Anderen fühlen, als ob wir selbst die Anderen wären. Ein NTE-ler hat es so gesagt: »Ich bin Sie, Sie sind mich, wir sind die Natur.«

Warum sind Nahtod-Erfahrungen für uns alle von Wert? Warum gewinnen wir über sie Erkenntnisse über den Sinn der Schöpfung und unseres Lebens?

Die Nahtod-Erfahrungen kommen am dichtesten an das sonst »Unterfahrbare« heran, das geschieht, wenn wir sterben. Darum sind sie für uns so wertvoll. Und auch weil sie wunderschöne Botschaften für uns bereithalten. Zum Beispiel, dass unsere Seele ewig ist und dass es keine hohen oder niedrigen Seelen gibt. Jeder von uns ist wichtig, jeder hat seine persönliche Aufgabe auf der Erde zu erfüllen. Und wir sind allen tief miteinander verbunden – wir sind zusammen eins.

Mehr zum Thema in newsage 2/2012
In unserer neuen newsage-Ausgabe, die am 29.02. erscheint, berichten wir über das Thema »Nahtoderfahrungen und Leben nach dem Tod« gleich dreifach. So werden Sie neben einem Bericht über das Medium Lisa Williams exklusiv bei newsage einen kurzen Einblick in Michael Nahms neues Werk »Wenn die Dunkelheit ein Ende findet« bekommen und außerdem in einem Porträt mehr über die bekannte Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross erfahren.

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Nahtod-Erfahrungen verdeutlichen auch, dass das Leben nicht mit dem Tod endet; dass unser Bewusstsein weiter existiert. Glauben Sie an Inkarnation und Wiedergeburt oder wie existiert die Seele aus Ihrer Perspektive weiter?

Reinkarnation spielt wahrscheinlich in irgendeiner Form eine Rolle. Aber so wie Reinkarnation normalerweise verstanden wird, ist es eine sehr naive Vorstellung. Diese resultiert daraus, dass wir von der Erde aus, also in einer niedrigeren Dimension, Schlussfolgerungen über Reinkarnation ziehen. Ich glaube, dass die wirkliche Wahrheit bei weitem alles übersteigt, was wir uns unter Reinkarnation vorstellen. Ein Nathtoderfahrener hat es so gesagt: »Gott reinkarniert.«

Nahtod-Erfahrene berichten, dass sich ihr Wissen so enorm erweitert hat, dass sie augenblicklich Antworten auf alle Fragen erhielten, die sie je im Leben hatten stellen wollen. Bedeutet das, dass die Betroffenen eine Art Erleuchtung erfahren haben? Und wenn ja, wie wirkt sich diese auf ihr alltägliches Leben aus?

Die Befreiung aus unserem Körper wirkt tatsächlich wie eine Art Erleuchtung. Aber die Betroffenen bemerken auch, dass sie nicht alle Kenntnis mit zur Erde zurücknehmen können. Aber sie sind sich sicher, dass die »wahre« Wirklichkeit nicht auf Erden ist, sondern auf der Seite des Todes. Meistens machen sie die tiefe Erfahrung, dass die Liebe das wichtigste im Leben ist. Und wenn sie zurückkommen, versuchen sie mit dieser Erkenntnis ihr Leben zu gestalten. Das aber ist nicht immer leicht.

Sie schreiben, dass Nahtod-Erfahrene oftmals eine mediale Begabung entwickeln, dass sie die Gefühle anderer wahrnehmen, aber auch Ereignisse voraussehen können. Gibt es hierfür Beispiele?

Ja, ein herausragendes Beispiel ist eine Frau, die mir die Wirtschaftskrise vorausgesagt hat. Sie behauptete auch, dass die Krise in den USA nur der Anfang sei, eben der Vorläufer zu einer echten Krise. Damals verstand ich nicht, was sie meinte. Aber sieben Monate später, nach der Lehman-Insolvenz, brach das Finanzsystem zusammen. Da war klar, was sie mir hatte sagen wollen.

Die meisten Betroffenen erfahren ein strahlendes, nicht mit menschlichen Worten zu beschreibendes Licht. Von ihm geht unendliche und bedingungslose Liebe aus. Fällt es den Betroffenen nicht sehr schwer, wieder auf die Erde zurück zu kommen und unter den ganz »menschlichen« Bedingungen zu leben?

Genau so ist es. Es beginnt sogar mit der Rückkehr in die Begrenzung, in die solideren Strukturen wie den Körper. Diese Rückkehr tut weh, sowohl psychisch als auch physisch. Und dann kommt erschwerend hinzu, dass man sich den »weltlichen« Bedingungen, wie Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt, wieder anpassen muss. Deswegen haben die Nahtoderfahrenden immer Sehnsucht nach dieser vollkommen Sphäre, in die sie für kurze Zeit Einblick nehmen konnten. Das ist wie eine Art Heimweh, das nie mehr vergeht.

Die Berichte, dass Menschen durch einen Tunnel ins Licht gehen, hört man immer wieder. Weniger bekannt sind Nahtod-Erlebnisse mit im wahrsten Sinne »höllischen« Erfahrungen. Sie kommen in eine kalte, unheimliche Umgebung mit verzweifelten Wesen. Gibt es für solche Erfahrungen eine Erklärung?

Nein, bis jetzt wissen wir zu wenig über diese belastenden Nahtod-Erfahrungen. Sicher ist aber, dass man nicht behaupten kann, dass nur »böse« Menschen höllische Erfahrungen im Jenseits machen. Ganz davon abgesehen, dass es schwierig ist, überhaupt zu definieren, was »böse« ist. Ich bin der Meinung, dass keiner vollständig vom LICHT abgetrennt sein kann, weil wir alle ein unverzichtbarer Teil von LICHT sind und immer sein werden.

Was passiert bei Nahtod-Erfahrungen im Zusammenhang mit einem Selbstmord? Ist in diesen Fällen der Eintritt in die »Hölle« vorprogrammiert?

Nein. Es gibt Beispiele von Menschen, die nach einem misslungen Suizidversuch von einer beseelten Nahtod-Erfahrung berichten. Aber mein Gefühl sagt mir, dass wir besser keinen Selbstmord begehen, wenn wir eine höllenartige Erfahrung und Umgebung vermeiden wollen. Wir haben alle eine wichtige Aufgabe auf der Erde, und Freitod macht es unmöglich, diese bis zum Ende auszuführen.

Begegnen Nahtod-Erfahrene ihren Verstorbenen oder gar anderen Wesen?

Es gibt viele Berichte von Nahtoderfahrenen über die Begegnung von verstorbenen Familienmitgliedern und Bekannten. Aber es gibt genauso viele Berichte über Begegnungen mit Lichtwesen, die die Betroffenen auf die Erde nicht gekannt haben, die ihnen aber in dieser Sphäre plötzlich sehr bekannt vorkommen. Ich nehme an, sie waren mit ihnen verbunden, bevor sie auf unsere Erde geboren würden. Und natürlich gibt das LICHT jedem das Gefühl, Zuhause zu sein und absolut geliebt zu werden.

Die meisten glauben, dass Nahtod-Erfahrungen bei physischen Problemen wie Sauerstoffmangel auftreten. Aber es gibt auch Menschen, die ein solches Erlebnis während einer existentiellen Krise oder einfach in tiefer Entspannung hatten. Ist somit eine körperlich bedrohliche Situation keine Voraussetzung für eine Nahtod-Erfahrung (Studie van Lommel)?

Lange Zeit herrschte die Ansicht vor, dass Nahtod-Erfahrungen nur auftreten, wenn man klinisch tot war – daher auch der Ausdruck Nahtod. Aber heute wissen wir, dass Nahtod-Erfahrungen auch unter andere Unstände stattfinden können. Einige Male bin ich Menschen begegnet, die solche Erfahrungen während einer existentiellen Krise oder während tiefer Meditation gemacht haben. Aber richtig ist, dass die meisten Nahtod-Erfahrungen in einer körperlich bedrohliche Situation eintreten.

Es wurden umfassendere Forschungsmethoden entwickelt (AWARE-Studie) zu einer auf drei Jahre angelegten Erforschung der biologischen Vorgänge hinter außerkörperlichen Erfahrungen. 25 große medizinische Zentren in Europa, Kanada und den Vereinigten Staaten sind daran beteiligt, und es sollen etwa 1.500 Überlebende eines Herzstillstands untersucht werden. Sind die Studien bereits zu ersten Ergebnissen gelangt?

Nein – die Zentren bewahren absolute Funkstille. Auch der Leiter der Studie, Sam Parnia, hat in seinem vor einem Jahr veröffentlichten Interview keinen Hinweis gegeben. Hätte er das getan, hätten ihm etablierte Wissenschaftler unterstellen können, dass die Forschung nicht objektiv sei. Ich bin sehr gespannt, sehe aber auch die Beschränkung dieser Forschung. Auch Nahtod-Betroffene stehen ihr eher skeptisch gegenüber. Sie meinen, dass ihre Erfahrungen so verwirrend seinen, dass biologische Vorgänge oder anderweitige Forschungsgegenstände für sie von keinerlei Interesse seien.

Christophor Coppes
Christophor Coppes, promovierter Wirtschaftswissenschaftler, war viele Jahre an der Universität Groningen sowie im Bankensektor tätig als Händler bei einer französischen Bank sowie in leitender Position bei der Niederländischen Zentralbank. Heute beobachtet er für diese Einrichtung die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte. Doch hat er bei seiner gesamten Tätigkeit im Bankensektor nie das Interesse für humanitäre Fragen verloren. Daraus entstand u.a. ein Buch über Freunde und Familie, die einen todkranken AIDS-Patienten liebevoll durch die letzten Stadien seines Lebens begleiteten sowie ein Buch über das größte Massaker in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg in Srebrenica.

Seit er 1979 das Buch »Leben nach dem Tod« von Raymond Moody gelesen hat, ist er davon überzeugt, dass Nahtod-Erfahrungen echte spirituelle Erlebnisse sind. Vor einigen Jahren schrieb er ein Buch, in dem er die Essenz von Nahtod-Erfahrungen mit dem Kern der fünf großen Weltreligionen vergleicht. Darin kommt er zu dem Schluss, dass in Nahtod-Erfahrungen der wahre Kern der fünf Religionen zu finden ist, jedoch nicht auch umgekehrt in jeder dieser Religionen die gesamte Essenz der Nahtod-Erfahrungen. Im Jahr 2008 wurde er Präsident der International Association for Near-Death Studies in den Niederlanden.

Buch-TIPP
Christophor Coppes
Der Himmel ist ganz anders. Nahtod-Erfahrungen
192 Seiten, € 17,95
ISBN: 978-3-89427-596-9
Aquamarin Verlag