Liebe als Schlüssel zum Glück

Liebe ist eine der wichtigsten Erfahrungen in unserem Leben. Es ist egal, was ein Mensch materiell besitzt: Solange er nicht geliebt wird und niemanden hat, den er lieben kann, wird er nie wirklich glücklich sein. In seinem neuen Buch »Liebe(r) ungewöhnlich leben« gibt der Diplompsychologe Heiko Kölle Tipps und Ratschläge, um eine Beziehung in ein Erlebnis zu verwandeln, das dauerhafte erfüllt ist von Zufriedenheit und Liebe.

Eine harmonische Beziehung ist eine unentwegt sprudelnde Energiequelle, die uns Menschen zur Verfügung steht, während eine von Streit und Stress begleitete Beziehung uns Energie raubt und unserem Wohlbefinden schadet. Natürlich gibt es selbst in einer guten Beziehung nicht nur glückliche Augenblicke: Jede Beziehung kennt Phasen voller Liebe und schwierige Zeiten, in denen die Partner ihre Verbindung infrage stellen. Solche Hürden können in einer funktionierenden Partnerschaft jedoch als Lektion betrachtet werden, aus denen man fürs Leben lernen kann, und die gemeinsam genommen werden.

Gemeinsam wachsen

Zu Beginn einer Beziehung ist alles leicht: Wir befinden uns in der romantischen Phase, in der es einfach ist, unsere Fehler und Schwächen zu verstecken. Ist die anfängliche Verliebtheit erst einmal abgeklungen, treten wir in eine Phase des Machtkampfes ein. Nachdem wir in der romantischen Phase vermeintlich so viel von uns gegeben haben, stellt sich nun mehr und mehr das Gefühl ein, der Partner wäre jetzt auch einmal an der Reihe, unsere Wünsche zu erfüllen und unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Doch all diese Gedanken und Gefühle werden nicht kommuniziert, sondern unterdrückt, was natürlich zu Ärger und Missverständnissen führt.

Die eigentliche Aufgabe in dieser Phase ist es, aufeinander zuzugehen und wahrhaftig zu kommunizieren, statt dem Impuls nachzugeben, der zu »Kampf oder Flucht« aufruft. Sprechen wir auch unbequeme Wahrheiten aus, ist uns die Beziehung wertvoll und wichtig und sind wir bereit, etwas für sie zu tun, so werden wir mit jedem gelösten Konflikt eine stärkere und tiefere Bindung zueinander erfahren. Aus jedem Hoch und jedem Tief können wir lernen.

Heiko Kölle ist sogar der Ansicht: »Verlassen wir Beziehungen zu einem bestimmten Zeitpunkt, so wird die folgende Beziehung an demselben Punkt scheitern wie die vergangene, wenn wir nicht an den eigenen Problemen gearbeitet haben. Denn jeder trägt tief in sich Verletzungen, die in einer innigen Partnerschaft über kurz oder lang aufgewühlt werden und dann an die Oberfläche drängen. Anstatt nun unserem Partner die Schuld für den Schmerz zu geben, den wir fühlen, können wir versuchen, herauszufinden, wodurch diese Wunde eigentlich entstanden ist. Die meisten Verletzungen stammen aus dem Kindesalter und tauchen zu verschiedenen Zeitpunkten im Leben wieder auf, um geheilt zu werden. Wir können dann Vergangenes aufarbeiten, loslassen und so für immer erlösen. Eine Partnerschaft ist ideal geeignet für diese Form des persönlichen Wachstums, denn sie offenbart unsere Problempunkte.« Eine Beziehung birgt somit die Chance zu einem Wachstumsprozess, in dem wir den anderen zu unserem Spiegel werden lassen und uns auf diese Weise neu entdecken und kennenlernen: Der Partner zeigt uns unser eigenes Verhalten,und wenn uns an seiner Art etwas deutlich missfällt, dann ist es eigentlich nur etwas, was wir an uns selbst nicht mögen. Nicht unser Partner, sondern wir selbst müssen uns anders verhalten, um die Situation zu verändern, denn den anderen können wir nicht verändern, nur uns selbst, das betont Heiko Kölle.

»Das Geheimnis einer glücklichen Beziehung liegt darin, den anderen mit all seinen Ecken und Kanten zu erkennen, anzunehmen und zu lieben – und damit auch Schritt für Schritt sich selbst.«

Unsere eigene wahre Natur zu leben bedeutet, uns selbst wirklich zu kennen und uns aus tiefstem Herzen einzubringen und zu schenken. Jemandem selbstlos eine Freude zu machen ist eines der schönsten Dinge im Leben. Wir geben in diesen Augenblicken unser ganzes Herz, erwarten keine Gegenleistung und sind dabei wirklich glücklich. Und das wiederum schenkt uns Kraft. Kraft, die wir brauchen, um ein erfolgreiches Leben und eine glückliche Beziehung zu führen. Handeln wir allerdings nicht aus dem Wunsch heraus, dem anderen eine Freude zu machen, sondern aus bloßer Gewohnheit, folgen wir nicht mehr unserer eigenen inneren Wahrheit und werden unglücklich. Je genauer wir also unserem Innersten lauschen und ihm folgen, desto zufriedener und glücklicher werden wir in unserem Leben. Wir lernen, dankbar zu sein für jeden Menschen, und diese Dankbarkeit fließt dann zu uns zurück.

Alte Muster auflösen

Die meisten Probleme, denen wir in unserer Beziehung begegnen, gründen in der Beziehung unserer Eltern zueinander und zu uns. Jede Familie hat ihre eigene Geschichte, in deren Verlauf bestimmte Muster immer wieder auftauchen. Machen wir uns nicht auf den Weg, die Familiendynamik und die ihr zugrunde liegenden Muster zu ergründen, haben diese einen großen Einfluss in unserem Leben, ohne dass wir nur die geringste Chance auf eine grundlegende Veränderung haben, so Heiko Kölle.

Eltern, die nicht wissen, was sie brauchen, können ihren Kindern nicht geben, was sie so dringend benötigen. Solch ein Muster kann sich dann durch die Generationen ziehen. Eltern, die ihre Kinder schlagen, haben meist selbst Gewalt im Elternhaus erlebt. Wollen wir einen solchen Teufelskreis durchbrechen, müssen wir uns unserer seelischen Verletzungen bewusst werden und sie vergeben. Nur wenn wir unseren Eltern vergeben, können wir selbst anders handeln und Ruhe und Gleichgewicht in unserem Leben finden. Sind wir mit uns und unserer Vergangenheit im Reinen, können wir eine ungeahnte Nähe zu unserem Partner erfahren.

Es gibt allerdings auch Zeiten, in denen wir mehr Freiraum für uns selbst und mehr Abstand zu unserm Partner brauchen. Jeder von uns kennt das: Wir haben jetzt einfach das Bedürfnis nach Ruhe und wollen nicht jede freie Minute mit unserem Schatz verbringen. Wir belegen in dieser Phase die sogenannte »unabhängige Position« in der Beziehung, während unser Partner, wenn er sich in dieser Zeit sehr zu uns hingezogen fühlt, sich in der »abhängigen Position« befindet – wobei es weder positiv noch negativ ist, sich in der einen oder in der anderen Rolle zu befinden, zumal wir diese Rollen ja bekanntermaßen irgendwann auch wieder tauschen.

Leben wir diese beiden Positionen allerdings vollständig aus, schadet das unserer Partnerschaft. In solchen Phasen ist der abhängige Partner dazu aufgerufen, den Fokus von sich selbst weg zu richten und den anderen mehr für seine Anwesenheit wertzuschätzen, ihm in Liebe zu begegnen, statt in ihm die Quelle zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse zu sehen. Der unabhängige Partner kann sich dem abhängigen mehr zuwenden, ihm mehr Zeit und Aufmerksamkeit schenken. So wird ein Ausgleich in der Beziehung hergestellt, was eine Voraussetzung dafür ist, dass sich die Beziehung weiterentwickelt. Werden die Bedürfnisse beider Partner erfüllt, entsteht eine natürliche Balance, die Zufriedenheit und Ruhe in die Beziehung bringt.

Sex und Elternschaft

Zu einer guten und innigen Beziehung gehört natürlich auch Sex. Dabei kommt es jedoch entgegen gängiger Vorurteile nicht auf die Häufigkeit, sondern viel mehr auf die Qualität der sexuellen Begegnungen an. Phasen der sexuellen Unlust sind sowohl bei Frauen als auch bei Männern vollkommen normal, fehlen allerdings die Nähe zum Partner und die Intimität, bleibt das Sexualleben auf der Strecke und beide werden unglücklich. Wie in allen Aspekten einer Beziehung ist es auch hier wichtig, dass wir jetzt miteinander über unsere Vorstellungen und Fantasien sprechen. Unerfüllte sexuelle Fantasien sind nicht selten Anlass für einen Seitensprung … und so ist es wichtig, dass wir uns dem Partner öffnen und ihm unsere heimlichen Wünsche und unsere Bedürfnisse mitteilen.

Bei sexueller »Untreue« können wir uns fragen, warum unser Partner das getan hat. Häufig fehlte ihm einfach nur emotionale Nähe.»Wenn Sie eine glückliche Beziehung leben möchten, wird es wichtig sein, das sexuelle Verlangen immer wieder in die Beziehung hineinzutragen. Wenn die Sexualität einschläft,ist es wichtig, immer wieder nach Möglichkeiten zu suchen, Herz, Seele und Sex wieder miteinander zu verbinden,« rät Heiko Kölle. Sex ist aus rein biologischer Sicht allerdings nicht zu unserem Spaß da, sondern dient der Fortpflanzung. Doch dass er uns so viel Freude macht, ist wiederum der Erhaltung der Art dienlich. Kinder zu haben ist die schönste Bereicherung und bedeutet zugleich eine große Umstellung im Leben der Eltern und eine Belastungsprobe für ihre Beziehung. Die Zweisamkeit ist vorbei, und gerade in der Anfangszeit zu dritt sollten die frisch gebackenen Eltern darauf achten, dass sie sich gegenseitig nicht aus den Augen verlieren. Ein Kind fordert viel Aufmerksamkeit und so fühlen sich viele Menschen schon nach kurzer Zeit des Elternseins erschöpft und denken in einer freien Minute kaum noch an Kuscheln oder Sex, sondern eher an Ruhe und Schlaf. Auch hier rät Heiko Kölle zu mehr Kommunikation:

»Einer der ersten Ansatzpunkte, sich in der neuen Situation als Paar nicht zu verlieren, ist der Austausch über die emotionale Achterbahn, die beide Partner durchleben.«

Viele Elternpaare vergessen in dieser Zeit, dass sie auch einmal ein Liebespaar waren, und leben nur noch Nebeneinander her. Das kann natürlich nicht glücklich machen. Um eine Partnerschaft als echte Liebesbeziehung lebendig zu halten, brauchen die Partner Zeit, in der sie sich als Paar begegnen können. Miteinander in Kontakt zu sein schafft Raum für Nähe, Zweisamkeit und Liebe. Teilen wir einander, gerade in der sehr empfindsamen Zeit nach der Geburt eines Kindes, unsere Erfahrungen, unausgesprochenen Wünsche und Sehnsüchte mit, werden keine tiefen Risse in der Partnerschaft entstehen können. Wir haben teil an dem, was der andere erfährt, und lassen ihn an unserem Erleben teilhaben – und das ist das A und O einer auch in schwierigen Zeiten funktionierenden Beziehung. Selbst an dem Punkt, wo wir vielleicht nicht mehr daran glauben, dass unsere Beziehung noch eine Zukunft hat, versucht Heiko Kölle uns Mut zu machen, die Liebe nicht so leicht aufzugeben, denn »unsere aktuelle Partnerschaft bietet alle Chancen, um im Leben und in der Liebe von ganzem Herzen zufrieden und glücklich zu werden. Wir müssen nur etwas dafür tun.«

Buch-TIPP
Kölle, Heiko
Liebe(r) ungewöhnlich leben
188 Seiten, € 15,95
ISBN: 978-3-86616-212-9
Via Nova