Es scheint, als würden Tiere sehr viel mehr von der Welt, in der wir leben, wahrnehmen. Sie zeigen sich empfänglicher für Vorgänge in der Natur, können auf weit entfernte Ereignisse hinweisen, die Katastrophen auslösen oder einen vertrauten Menschen in Gefahr bringen, wie unzählige Berichte zeigen. Sie haben aber auch anscheinend ein Gespür für übersinnliche Phänomene.
Dass Tiere der gleichen Rasse einen eigenen unverwechselbaren Charakter haben, darüber können Haustierbesitzer oder Zoopfleger viele Geschichten erzählen. Dass sie jedoch mitunter einen sechsten Sinn zu haben scheinen, wird häufig übersehen, da die meisten Menschen sich selbst kaum mit dem Thema befassen. Doch diesbezügliche Berichte nehmen zu. So ging im letzten Jahr sogar die Story einer Katze durch die Medien, die den Tod von Hospizinsassen voraussagen konnte.
Ob es Zootiere sind, die Erdbeben schon Stunden vorher wittern, oder Krabben, die meilenweit vom Ozean entfernt die Gezeiten spüren, Delphine, deren Gehirn komplexer und größer ist als das des Menschen – der Thron der menschlichen Überlegenheit wackelt gewaltig. Wissenschaftler in aller Welt beschäftigen sich mit den unerklärlichen Fähigkeiten der Tiere, und inzwischen sind viele von ihnen so weit, dass sie das Gehirn nicht als alleinige Instanz für Intelligenz ansehen, dass Gehirn und Geist nicht gleichbedeutend sein müssen.
Sie nähern sich damit der Erfahrung von Mystikern an, die sagen, dass das physische Gehirn nicht Sitz des Geistes sei, sondern nur als dessen Werkzeug diene. »Der Geist kann auch ohne Gehirn existieren. Er schafft und benutzt das Gehirn, um in einem physischen Körper wirken zu können. Falls dies zutrifft, wird es unmöglich sein, das Wesen, den Ursprung und den Grad der Intelligenz über das Gehirn bestimmen zu wollen«, schreibt Bill Schul daher bereits in den 1970er Jahren in seinem Buch »Psi der Tiere«.
Der amerikanische Psychologe und Journalist hat die unglaublichsten Berichte über die paranormalen Fähigkeiten der Tiere zusammengetragen. So beschreibt er beispielsweise die Geschichte von Vincent und Margret Gaddis über einen Naturforscher, der durch die Wälder streift und auf einen Luchs stößt. Gaddis berichten: »Der Mann blieb wie angewurzelt stehen und wartete. Er konnte in den Augen der Großkatze, die näherkam, den unmissverständlichen Blick einer Seele erkennen, die um Hilfe rief. Ihre Schnauze war geschwollen. Als der Mann instinktiv die Hand ausstreckte, öffnete sie das Maul. Irgendwie hatte sich einer ihrer Fangzähne in ihre Zunge gebohrt und war stecken geblieben. Die Wunde hatte sich entzündet. Als er ihr Maul geöffnet hielt und die geschwollene Zunge vorsichtig von dem Fangzahn befreite, drang ein schmerzliches Stöhnen aus ihrer Kehle. Die Prozedur dauerte mehrere qualvolle Minuten, aber sie stand ganz still. Als die Zunge befreit war, tätschelte der immer noch ungläubige Mann ihren goldbraunen Rücken. Mit einem dankbaren Aufleuchten ihrer Augen und einem sanften ›mrroww‹ glitt der Luchs zurück in die Wälder.«
Die Katze einer Bauernfamilie in Kansas hatte in der Scheune vier Junge geboren. Einige Tage später bemerkte die Familie, dass ein Junges fehlte, desgleichen am nächsten und übernächsten Tag, bis alle vier verschwunden waren. In jener Nacht vernichtete ein Tornado die Scheune vollständig. Die Katzenmutter und ihre Jungen saßen sicher und wohlauf in einem entfernt gelegenen Nachbarhaus, das der Sturm nicht einmal berührt hatte.
Bill Schul traf eine Reihe von Menschen, welche die »Sprache« der Tiere verstehen. Die »Dolmetscher« berichten dabei stets, dass sich die Kommunikation mit Tieren auf bildhafte Weise vollzieht und nicht über Worte. Die Ureinwohner Amerikas haben häufig eine besondere und fast natürliche Gabe, mit Tieren zu kommunizieren. Ein Kapitel widmet der Journalist daher den Indianern, deren Zugang zum tieferen Wesen der Tiere zu ihrer Kultur gehört und noch mehr beinhaltet als Kommunikation. Hier wird die Bruderschaft mit einem Tier bis hin zu einer Verwandlung in das Tier zelebriert.
Tiere spiegeln weitgehend die Menschen ihrer Umgebung wider, erläutern Tierdolmetscher, die sich in erster Linie mit Haustieren auseinandersetzen. Haustiere unterscheiden sich grundlegend von wild lebenden Tieren. Beatrice Lydecker, die bisweilen als »reisende Tieranalytikerin« bezeichnet wurde, sagte, dass ihrer Meinung nach die meisten Haustiere überfüttert seien, zu wenig Auslauf hätten, sehr verwöhnt seien und sich langweilten. Bisweilen mochten sie ihr Frauchen oder Herrchen gar nicht.
Erstaunlich ist immer wieder, dass die Tiere einem solchen Dolmetscher Dinge erzählen, von denen er nichts wissen, sich später aber überzeugen kann. Das deutet darauf hin, dass Tiere tatsächlich einen sechsten Sinn haben – oder den sechsten Sinn im Menschen vielleicht nur triggern. Wie dem auch sei, Beispiele solch »hellsichtiger« Tiere gibt es erstaunlich viele. Bill Schul beschreibt den ganz außergewöhnlichen Fall eines »hellsichtigen« Hundes:
Die Geschichte von Missie, dem Boston-Terrier, mutet seltsam und unverständlich an, bleibt aber unvergesslich. Selbst die Umstände, unter denen Missie zur Welt kam, waren ungewöhnlich. Frauchen Mildred Probert war einige Jahre lang Leiterin und Teilhaberin eines Tierladens. Ihr Gesundheitszustand zwang sie, diese Tätigkeit aufzugeben. Aber sie kümmerte sich um Tiere, die besonderer Pflege bedurften oder deren Besitzer sie vorübergehend in ihre Obhut gaben.
Eines Tages brachte man ihr einen winzigen Boston-Terrier, der soeben das Licht der Welt erblickt hatte und aufgrund seiner Schwächlichkeit nicht bei dem übrigen Wurf bleiben konnte. Er wurde viel später geboren als seine Geschwister und war ein winziger Welpe. Missie lernte ihre Mutter und Geschwister niemals kennen. Sie bevorzugte ihre Menschenmutter. Missie zählte fast fünf Jahre, als ihre übersinnlichen Fähigkeiten entdeckt wurden. Bei einem Spaziergang begegneten sie und Mildred Probert einer Bekannten mit ihrem Kind. Auf die Frage, wie alt die Kleine sei, schwieg das Kind. Die Mutter entschuldigte es und meinte, es sei drei Jahre. Frau Probert beugte sich über das Kind: »Drei. Sag mal drei!« Das Kind schwieg, aber Missie bellte plötzlich dreimal. Man lachte: »Gut, wie alt bist du denn?« Der Hund bellte viermal. Höchst erstaunt fragte Frau Probert: »Und wie alt wirst du nächste Woche werden?« Als Antwort bellte Missie fünfmal, was stimmte. So begann es. Mildred trainierte Missie nicht, dennoch wusste Missie Dinge, die sie nicht wissen konnte.
Sie testete Missie mithilfe ihrer Finger, indem sie fragte, wie viele Finger sie hochhielt. Bald entdeckte sie, dass der Hund addieren konnte. »Wenn ich vier Finger hochhalte und dann noch fünf Finger dazu, wie viele sind das?« Die richtige Antwort kam augenblicklich.
Am 15. Oktober 1964 machte der kleine Terrier seine erste Vorhersage. Man stand kurz vor den Wahlen. Jeder rätselte über den Ausgang. Mildred stand mit Missie in einem Geschäft in der Nachbarschaft, dessen Angestellte den Hund gern befragte. Mildred, die sich mit dem Ladenbesitzer unterhielt, fragte ihn: »Wie viele Wochen sind es eigentlich noch bis zu den Wahlen?« Noch ehe der Mann antworten konnte, bellte Missie dreimal, also noch drei Wochen. Es stimmte. Erstaunt fragte Mildred: »Und wie viele Tage sind es noch bis zur Wahl, Missie?« Der Hund bellte korrekt neunzehnmal.
»Fragen sie den Hund doch einmal, wer die Präsidentschaft gewinnen wird«, meinte der Ladenbesitzer. Mildred warf ein: »Wie soll der Hund das denn wissen?« Inzwischen hatten sich mehrere Leute um ihren Hund versammelt und bestanden auf der Frage. Mildred fragte Missie: »Wenn Johnson eins ist und Senator Goldwater zwei, wer wird dann die Wahl gewinnen?« Missie bellte einmal. Mildred drehte die Frage um: »Wenn Goldwater eins ist und Johnson zwei, wer wird die Wahl gewinnen?« Missie bellte zweimal. Einer der Anwesenden rief die Rocky Mountain News an. Man schickte einen Reporter und einen Fotographen. Am 8. November 1964 erschienen in der Zeitung ein Bild von Missie und ihre Vorhersage.
Missie prophezeite die Anzahl der Fehlstarts von Gemini 12, die Zahl der Weltraumflüge, der Mondlandungen und wie oft Ufos auftauchten. Am Neujahrsabend 1965 stellte man ihr im Radio von Denver einige Fragen. Nachdem sie die Anzahl der Buchstaben in »Happy New Year« richtig bestimmt hatte, fragte man sie nach dem Ende des New Yorker Verkehrsstreiks. Sie bellte »13. Januar«, was tatsächlich eintraf.
Auch andere übernatürliche Phänomene scheinen Tiere besser wahrzunehmen als die meisten Menschen. So berichtet der bekannte Autor und Erforscher außerkörperlicher Erfahrungen, Robert Monroe: »Auf meinen Reisen außerhalb meines physischen Körpers befinde ich mich manchmal unbeabsichtigt in der Wohnung irgendeines Menschen. Ich versuche, sie ebenso unbemerkt zu verlassen, wie ich sie betreten habe. Gesehen werde ich höchstens von kleinen Kindern, die noch an andere Welten glauben. Sind Tiere im Haus, gelingt es mir selten, unbemerkt zu bleiben. Ihre Sinne scheinen schärfer oder empfindsamer zu sein als die der Menschen. Sie starren mich an und beginnen, Krach zu schlagen. Da ihre Besitzer mich nicht sehen, befehlen sie ihrem Tier, Ruhe zu geben.«
Und Charles Rhoades, ein bekanntes englisches Medium, das häufig gerufen wurde, um unerwünschte Geister zu vertreiben, war ebenfalls der Überzeugung, dass Tiere übernatürlichen Phänomenen gegenüber sensibler als Menschen: »Falls in einem Haus die Tiere nicht auf eine seltsame Erscheinung reagieren, nehme ich selten oder niemals etwas auf. Wahrscheinlich handelt es sich in solchen Fällen um Halluzination oder um eine lebhafte Fantasie des Menschen.«
Bill Schul hat die übersinnlichen Fähigkeiten unserer tierischen Freunde über Jahrzehnte beobachtet und beschenkt Leser vieler Generationen mit einer Fundgrube an wundersamen, beglückenden und lustigen Geschichten. In einem seiner abschließenden Gedanken schreibt er selbst ein wenig klarsichtig: »Alle Lebensformen scheinen von einem einzigen Bewusstsein getragen zu sein und auf irgendeiner Seinsebene voneinander zu wissen. Das kollektive Unbewusste wird bisweilen bewusst. In solchen Momenten wundern wir uns über die Fäden, die die Erdbewohner zusammenhalten. Raum und Zeit verschwinden. Leben und Tod sind untrennbar voneinander. Es bleibt die Einheit, die sich zuflüstert.«