Das wohl größte Mysterium spiritueller Traditionen ist, dass man sich ihnen zufolge, um authentisch zu sein, doch immer irgendwie verändern muss.
Du kannst schauen, wohin du willst. Immer heißt es in der einen oder anderen Form, dass du, so wie du BIST, nicht genügst. Als Kind musstest du den Eltern gehorchen, dann den Lehrern, später dem Chef, deinem Partner oder dem Staat und der Gesellschaft. Und jetzt, wo du dich von all diesen Fesseln befreien willst, kommen schon wieder Lehrer, Gurus, Meister und Aufgestiegene, welche dir wieder sagen, dass du mehr so und so zu sein hättest. Fällt uns da irgendetwas auf?!
Ich weiß, meine Frage ist unerhört und dennoch … denk mal darüber nach.
Ich hingegen bin der Meinung, dass man Tun und Sein nicht miteinander verwechseln darf. Es ist wesentlich, ob wir »sein« klein oder »Sein« groß schreiben. Das kleine »sein« hat immer mit Tun zu tun und ist mit Aktionen verknüpft. Das große »Sein« jedoch ist ein Zustand. Und in der Spiritualität geht es nicht um das kleine, sondern um das große Sein.
Du kannst – und das hast du bestimmt schon bemerkt – alles genau richtig tun und dennoch bewegt sich nicht viel, nicht wahr? Jetzt weißt du wenigstens warum. Du hast da etwas Kleines aber Wesentliches missverstanden: Zuerst Sein, dann Tun. Nicht umgekehrt! Solange unser Tun damit beschäftigt ist, etwas zu erreichen, kann es überallhin führen, nur nicht zum Sein. Nicht, was man tut, ist entscheidend, sondern wie man etwas tut!
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Wirkungsvoller als alles andere ist es also, sich genauso annehmen zu können, wie man jetzt gerade in diesem Augenblick ist, und dann auch alles andere, die ganze Welt mit allem »Guten« und »Bösen« anzunehmen, wie es ist. Zu erkennen, dass wir in einer vollkommenen Schöpfung leben mit Wesen, die nicht zu perfektionieren sind, und dennoch wachsen zu können, ohne dass sich das gegenseitig beißt, das ist die Kunst, die nur wenige beherrschen, weil es für den Verstand ein Widerspruch ist.
Der Verstand hat immer ein Problem damit, mit Widersprüchen umzugehen. Aber das geht! Du kannst sehr wohl ein Diamant sein, auch wenn dieser noch nicht geschliffen oder poliert ist. Aber wenn du dich selbst, die Welt und alles, was sie beinhaltet als »Diamant« erkennen und fühlen kannst, dann, und erst dann, kannst du – in aller Ruhe – mit dem wahren »Schleifen und Polieren« beginnen.
Wenn du »besser« werden willst, als du BIST, dann wirst du nie damit fertig werden und somit nicht einmal die Startlinie deiner wahren spirituellen Entwicklung erreichen. Authentisches Sein ist außerordentlich essenziell. Es ist die Startlinie, nicht das Ziel. Aber es bedeutet, dass du dich, schon bevor du erleuchtet bist –jetzt – inmitten deines alltäglichen Lebens, mit allen deinen Sorgen und auch Unzulänglichkeiten traust, dich so zu zeigen und zu lieben, wie du bist. So, wie du wirklich bist!
Klar, dein Leben, dein Job und dein soziales Umfeld können dabei in die Brüche gehen, aber das ist der Preis. Bevor du dir also Mühe mit deiner spirituellen Entwicklung machst, überlege dir, ob du bereit bist, den Preis dafür zu zahlen?! Ansonsten genieße einfach die Annehmlichkeiten einer – welcher auch immer – Lebensphilosophie, die letztlich nur den einen Zweck für dich erfüllen kann: dich selbst zu verleugnen. Schaue diesen Fakten in die Augen, dann erwartest du wenigstens nichts Unrealistisches und wirst somit auch nicht enttäuscht sein am Ende deines Lebens. Dieser Rat, meine lieben Leser, ist mein Geschenk an euch zum Ende des Jahres 2012 – welches übrigens kein Ende sein wird 😉