Krisen sind im Leben unvermeidbar. Krankheit, Verlust, Scheidung, Trauer – all das sind Umstände, die uns tief erschüttern und heftige oder auch diffuse Emotionen in uns auslösen können. Da die aufkommenden Emotionen unangenehm sind, halten wir sie oft zurück, errichten etwas wie einen Damm, der eine Überschwemmung verhindern soll. Doch wirkliche Heilung kann nur geschehen, wenn wir unsere inneren Prozesse vollständig durchleben.
Depressionen oder sich wiederholende negative Muster resultieren aus verdrängten Emotionen, so Dr. Daniel Dufour. Der Arzt ist davon überzeugt, dass das Annehmen und Durchleben jeglicher aufkommenden Emotionen von derart wichtiger Bedeutung ist, dass unsere ganze Gesundheit davon abhängt. Verdrängtes Material sammelt sich mit der Zeit an, entwickelt eine ansteigende Energieladung, die sich früher oder später auf körperlicher Ebene Ausdruck verleihen wird. Die Blockade, die wir durch unsere Verdrängung aufbauen, kann irgendwann die angestaute Energie nicht mehr aufhalten, und ein Teil des Systems bricht zusammen.
Um die Ursachen von Krankheit zu verstehen, gilt es, die gängige Vorstellung vom Körper als eine Art Maschine, die funktioniert oder – aufgrund von äußerer Einwirkung – kaputtgeht, durch eine Sichtweise zu ersetzen, die den Körper als unseren Freund, als unseren Spiegel ansieht, der sich gemäß unserer emotionalen Zustände verhält. Mittels auftretender Symptome will er uns lediglich mitteilen, dass wir als Gesamtsystem nicht im Einklang sind, dass die Energien nicht frei fließen, sondern Blockaden entstanden sind – und dass das innere Unwohlsein damit gerade zum äußeren Unwohlsein wird.
Die Botschaft hinter den Symptomen zu verstehen ist für die Gesundung essenziell. Indem man ganz ehrlich zu sich selbst ist und weniger logisch als assoziativ und intuitiv die Ursachen der Beschwerden zu ergründen versucht, lassen sich die tief sitzenden Emotionen auffinden. Doch das Sich-selbst-an-die-eigene-Nase-Fassen ist bekanntlich schwerer als gedacht. Ohne das Verständnis der Botschaft, so Dufour, sei eine Heilung nicht wirklich möglich. Er gesteht jedem Menschen die Fähigkeit zu, sich selbst zu erkennen und damit auch zu heilen. Damit gibt er seinen Patienten die Eigenverantwortung zurück, die so gerne dem Arzt übertragen wird.
Oftmals reicht eine einzige Erkenntnis, damit eine Krankheit sich zurückzieht. So hat es Dufour schon in der Praxis erfahren dürfen. Der schwierigste Teil besteht für die meisten Patienten darin, ihre Überzeugungen gegebenenfalls zu verwerfen. Glaubt eine Person z. B., sie dürfe aus einem bestimmten Grund nicht auf ihren Vater wütend sein, so kann sich eine Symptomatik erst lösen, wenn die Person sich entscheidet, sich die bestehende Wut zu erlauben. Meist ist nicht das Ausdrücken von Emotionen an sich problematisch, sondern vielmehr die Tatsache, dass man sich nicht das Recht zugesteht, seine Emotionen überhaupt zu haben. Hier kommen sich Verstand und Gefühl häufig in die Quere. Doch das Gefühl ist vorrangig.
Leben bedeutet, ganz man selbst zu sein, in Beziehung zu sich selbst zu leben, »Lebe, was du empfindest, und höre auf zu denken!«, empfiehlt Dufour, da er weiß, dass der Verstand meist nur Entschuldigungen oder Anschuldigungen hervorbringt, weil er immer im Außen nach den Ursachen von allem sucht. Eine Emotion lässt sich nicht mit dem Verstand verwalten. Sie ist einfach da, ein Teil von uns, und muss ganz und gar akzeptiert und durchlebt werden. In einigen Heilmethoden werden Emotionen sogar als energetische Wesen betrachtet, die unsere Aufmerksamkeit und Liebe brauchen, damit sie keinen Schaden anrichten. Immer geht es eigentlich um den eigenen Kern, um das Recht, voll und ganz man selbst zu sein, sich zu lieben und zu respektieren. Existieren heißt eben nicht, nur nach sozialen Maßstäben zu leben, sondern voll und ganz zu sein – und dazu gehören auch unangenehme Emotionen. Sobald eine verdrängte Emotion zugelassen wird, können sich Beschwerden bereits bessern. Wut kann z. B. vielerlei Beschwerden verursachen. Der TCM zufolge sind besonders Leber und Galle betroffen, wenn sich Wut anstaut. Dufour erklärt, dass seine Patienten ganz in ihre Wut eintauchen müssen – mit Worten, Schreien, dem Niederschreiben oder mit Schlägen auf ein Kopfkissen. Die Wut wird dabei nicht an einer Person ausgelassen, denn die Emotion gehört zu demjenigen, der sie empfindet und sollte daher im Alleinsein zum Ausdruck gebracht werden.
Daniel Dufour zeigt in seinem Buch »Die Heilkraft innerer Krisen« eine ganzheitliche Heilmethode auf, die schon vie- len Menschen geholfen hat. So manches Medikament konnte damit abgesetzt werden. Das Annehmen und Durchleben von tief vergrabenen Gefühls- und Gedankeninhalten bewirkt in den meisten Fällen eine deutliche Verbesserung des gesamten Befindens im Vergleich zu vorher. Das ganze Leben wird durch die Erfahrung, in die eigene Kraft zurückzukommen, bereichert. Indem wir unsere »emotionalen Beben« zulassen, erweisen wir uns selbst einen großen Liebesdienst, so Dufour. Aufmerksamkeit und Respekt gegenüber uns selbst ermöglichen es nicht nur, Krankheiten und Ängste zu meistern, sondern auch, neues Selbstvertrauen zu gewinnen. Krisen werden damit zu Herausforderungen, die uns wachsen und stärker werden lassen.
Die Heilkraft innerer Krisen
Emotionen annehmen, ausleben – und heilen
150 Seiten, € 14,95
ISBN 978-3-86374-103-7
Mankau Verlag
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