Nur wenige Menschen haben in ihrem Leben die eine, große Liebe gefunden. Häufiger sind ein paar kurze, vielleicht zwei, drei ernste, lange Beziehungen – aber dennoch: ein stetiger Wechsel. Der oder die Richtige war eben noch nicht dabei. Ganz anders sieht das Bestsellerautorin Annemarie Postma. Liebe sei kein Umstand, der uns einfach zufalle, sondern eine persönliche Entscheidung und eine Sache des Mutes. Loslassen, Annahme und Hingabe sind die Schritte auf dem Weg zu einer wahren, aufrichtigen Partnerschaft.
Mit der altbekannten Phrase, ihn oder sie hat ́s voll erwischt, umschreibt man für gewöhnlich den bemerkenswerten Umstand, dass jemand über beide Ohren verliebt ist. Hals über Kopf sozusagen. Was diese Redewendung außerdem aussagt, bezieht sich gar nicht auf die beschriebene Person, sondern auf die Liebe selbst. Nämlich auf unser Verständnis von ihr. Gemeinhin scheint man davon auszugehen, die Liebe suche sich ihre Opfer oder ihre Begünstigten wie eine agierende Wesenheit selbst aus. Diese werden dann von ihr befallen und in den Genuss gebracht, mit einer rosaroten Brille durchs Leben zu flanieren.
Das Verständnis ist also, dass man entweder das Glück hat, von Amors Pfeil getroffen zu werden, oder eben nicht. Zu Ende gedacht, ergibt sich aus dieser Überzeugung auch die Schlussfolgerung, man selber sei gar nicht verantwortlich für seine Situation, weil ja der oder die Richtige einfach noch nicht den eigenen Weg gekreuzt hat. »Abwarten und Tee trinken«, denkt man sich also. Ganz anders sieht das Annemarie Postma. Nach mehr als zehn Büchern mit Bestsellerstatus in ihrem Heimatland, den Niederlanden, ergründet sie in »Das tiefere Geheimnis der Liebe« auch dieses viel beschriebene Mysterium.
Ein Vorbild
Postma selbst ist eine starke, bewundernswerte Frau. Als sie elf Jahre alt war, führte ein nicht behandelter Zeckenbiss zu einer bleibenden Lähmung. Doch ihr Lebensgeist und ihr Wille blieben ungebrochen. Nie verlor sie den Mut, sich selbst zu verwirklichen und sogar andere zu inspirieren. So ist sie heute Ehrenbotschafterin der »Niederländischen Stiftung für behinderte Kinder«, hat Jura studiert, als Tierschützerin und Fotomodell gearbeitet und Bücher zu den unterschiedlichsten spirituellen Themen verfasst.
Es fällt leicht, die Ratschläge gutaussehender, erfolgreicher, intelligenter Menschen zu relativieren und ihren Erfolg als persönliches Glück abzutun. Ohnehin durch bessere Startbedingungen gesegnet, haben die vom Schicksal Begünstigten natürlich gut reden. Die ebenso gutaussehende, aber mit ihrer Behinderung konfrontierte Postma dagegen entlockt den Menschen eine tiefe Bewunderung und weckt Aufmerksamkeit. Statt zu kapitulieren oder in Selbstmitleid zu baden, »geht« die charismatische Brünette einen Weg, der sie zum Vorbild und zur Inspiration vieler Menschen werden lässt. Was diese Frau zu sagen hat, wird gehört und spendet vielen Kraft.
Liebe bedeutet loslassen
»Loslassen, Annahme und Hingabe sind persönliche Entscheidungen, die das Wunder der Liebe erschaffen«, erklärt Annemarie Postma und räumt mit der Vorstellung auf, die Liebe sei ein Zustand, der einem einfach zufliegt. Deswegen sieht sie auch eine notwendige Unterscheidung von Verliebtheit, die einen tatsächlich einfach überkommt, und Liebe. Erstere führt tatsächlich zu einer gewissen verspielten Fremdbestimmtheit, die einen restlos verzaubert und für den anderen begeistert – ganz ohne Anstrengung, Zweifel und Mühe. Doch das ist nicht die erstrebenswerte, beständige, wahre Liebe, die Annemarie meint.
Den Weg zur echten Liebe setzt sie eben nicht bei der geliebten Person oder dem Verhältnis zu ihr an, sondern bei einem selbst. »Von dem Augenblick an, in welchem Sie sich so gutheißen, wie Sie sind, und Ihre perfekte Unvollkommenheit umarmen, werden Sie mühelos erfüllende Beziehungen anziehen.« Konzentriere man sich jedoch auf seine Mängel, so raube man sich die eigene Kraft, strahle nach außen Unzufriedenheit aus und verstärke damit die negativen Energien und die Selbstzweifel. In dem Moment, in dem das eigene (Ver-)Urteilen aufhört und die Wirklichkeit wertfrei angenommen wird, entwickeln sich Beziehungen ausgewogener und erfüllender. Dabei verweist Postma auf ihr grundlegendes Urvertrauen, dass im Universum alles seine Richtigkeit hat. Deshalb lohne sich das scheinbare Wagnis, loszulassen und sich dem Abenteuer Liebe zu öffnen. Denn Liebe bedeute letztendlich, die Kontrolle abzugeben.
Kraft und Mut sind gefragt
Wer unter dieser Hingabe allerdings versteht, sich willenlos treiben zu lassen, hat Postma falsch verstanden. Vorurteile, Wertmaßstäbe und Kontrollzwang rauben einer fruchtbaren Begegnung den Raum und sollten zurückgelassen werden. Denn besonders Erwartungen ersticken den Keim neuer, frischer Entwicklungen in Beziehungen und erlauben höchstens, dass der Partner sich in ein enges Idealbild presst. Tut er das nicht, sehen wir uns betrogen, enttäuscht oder vernachlässigt. Dabei war man lediglich nicht bereit, dem anderen zuzugestehen, ganz er selbst zu sein.
Man kann jedoch im anderen die wertvolle Möglichkeit finden, sich selbst näherzukommen und sich selbst auf den Grund zu gehen. »Liebe, wenn sie wahr ist, gibt Ihnen die Gelegenheit, sich auf den manchmal schwierigen und schmerzhaften Weg zur Selbsterkenntnis zu machen. Wieder und wieder werden Sie mit sich selbst und dem anderen konfrontiert«, erklärt Postma einleuchtend. Dazu bedarf es allerdings der Kraft und des Mutes, diesen neuen Weg zu gehen.
Die Wirklichkeit annehmen
Das klingt vielleicht erst einmal anstrengend und der Erfolg noch etwas ungewiss. Was, wenn es einfach nicht gelingt, die alten Überzeugungen über Bord zu werfen? Doch wie schon eine alte Binsenweisheit lehrt, kann Glaube Berge versetzten. Ähnlich argumentiert die Strömung des Wünsch dir was vom Universum!, der Annemarie Postma relativ nahesteht. Werden erst einmal alle Gedanken und Anstrengungen auf einen Wunsch fokussiert, so die Theorie, dann zieht die intensive Beschäftigung die Erfüllung des Wunsches an – das Universum führt einem zu, worauf man gehofft hat. Dass die Sache aber ganz so einfach nicht ist, führt Annemarie Postma auf zwei verbleibende Schwierigkeiten zurück. Denn wo immer alles und ständig gewünscht werden kann, stellt sich schwerlich ein Modus der Zufriedenheit ein. Jeder erfüllte Wunsch hat irgendwann seine Freude stiftende Wirkung verloren und macht einem neuen, anderen Begehren Platz. Statt Glück entsteht eine rastlose Unersättlichkeit. Wer dem kleinen »Nimmersatt« in sich vorbeugen möchte, muss dagegen lernen, die Wirklichkeit anzunehmen. Die Erfüllung liegt ausschließlich im Jetzt!
Man muss an sich selber arbeiten
Die andere Problematik ist etwas subtiler und weniger direkt erkennbar. Sie ist der Grund, warum Wünsche sogar in ihr Gegenteil umschlagen können. Der Wunsch als solcher ist uns zwar ganz klar, unsere innere Motivation und Überzeugung, die dahintersteckt, bleibt dagegen oft unentdeckt. Sind wir von negativen Gedanken motiviert, dominieren diese den Lauf der Dinge und beeinflussen, was vom Universum zu uns zurückkommt. Postma erklärt das Auseinanderdriften von Wunsch und Überzeugung anschaulich an einem alltäglichen Beispiel:
Ich möchte, dass die Beziehung zu meinem Geliebten besser wird.
Die Überzeugung hat ein ganz anderes Schwingungsmuster als der Wunsch. Dies führt zu einem Widerstreit und daher nicht zu einem Raum des Wachsens für das Paar.
Überzeugung 2: Wir stehen beide unter Druck und haben wenig Zeit füreinander. Wir stecken zu sehr in Gewohnheiten.
Das Schwingungsmuster dieser Überzeugung entspricht dem Wunsch etwas mehr und lässt mehr Raum.
Überzeugung 3: Wir sind füreinander die große Liebe, und diese Liebe hat es verdient, ihren Raum und ihre Zeit zu bekommen. Es würde mich sehr glücklich machen, wenn wir dieselbe Vertrautheit wieder erfahren könnten – wie damals, als wir uns kennenlernten.
Diese Überzeugung stimmt mit dem Wunsch perfekt überein.
Sich auf die Liebe einzulassen bedeutet überwiegend, sich selbst zu ergründen und an sich selbst zu arbeiten. Im Wesentlichen gilt es, zu verstehen, dass der Löwenanteil der Außenwelt eine unmittelbare Reflexion des eigenen Seelenlebens ist. Entsprechend erfordern Liebe und eine glückliche Beziehung zunächst einmal die Einsicht, selbst liebevoller zu werden. Mit diesem Entschluss ist ein entscheidender Schritt getan. Denn durch das Nachaußen-Tragen von positiven Emotionen werden die Reaktionen entsprechend beeinflusst. Das Universum gibt zurück, was man ihm entgegenbringt.
Die Liebe zu sich selbst
»Die Suche nach dem idealen Partner ist eigentlich die Suche nach dem, der Sie wirklich sind«, erläutert Postma. Wie eine Befreiung kann es entsprechend wirken, wenn klar erkannt wird, dass das, was in uns wirkt, oft als Projektion die Erwartungen an unsere Beziehungen schafft. Davon abzulassen ebnet den Weg für ein gesundes Verhältnis zwischen zwei Menschen. Dann passiert es nicht mehr, dass wir versehentlich immer wieder in denselben Beziehungsmodus zurückfallen; ein aktives Gestalten tritt an die Stelle, wo vorher das Außen scheinbar willkürlich entschieden hat. Immer wiederkehrende kleine und große Konflikte in Beziehungen werden als selbst geschaffene Probleme erkannt und im Kontext von Ursache und Wirkung verstanden. Sie sind kein Schicksalslos, sondern hausgemacht.
Je aufrichtiger, reflektierter und liebevoller der Umgang mit sich selbst ist, desto weniger Urteil und Angst werden sich auf die Liebesbeziehung abladen können. Selbsterkenntnis, sich mit sich selbst aussöhnen, sich annehmen, wie man ist, entspannt auch das Verhältnis zu anderen Menschen, und die Gefahr, sich zugunsten einer Beziehung aufzulösen, schwindet ebenfalls. Vielmehr erhält man die Möglichkeit, gleichzeitig in sich und im anderen einen echten Vertrauten und Partner zu finden. »Die Liebe zu anderen ist unauflöslich mit der Liebe zu sich selbst verbunden«, schreibt auch Annemarie Postma und weist damit auf den Ursprung hin, dem alles entspringt.
Das tiefere Geheimnis der Liebe
144 Seiten, € 17,95
ISBN: 9783890605968
Neue Erde Verlag