Venedig ist die wahrscheinlich romantischste Stadt Europas. Mit ihrem wunderschönen kulturellen Erbe zieht sie jährlich Touristen aus der ganzen Welt an. Doch das einstige Handelszentrum des Mittelalters wird langsam zur Geisterstadt: Ganze Viertel stehen schon leer. Von ihren Bewohnern längst verlassen, dienen diese unbewohnten Gemäuer dem Geschäft mit einem Mythos.
20 Millionen Fremde besuchen die Stadt jedes Jahr, durchschnittlich 60.000 am Tag, Tendenz steigend. Ihnen stehen inzwischen noch 58.000 Einwohner gegenüber, so viele wie zuletzt nach der großen Pest im Jahre 1438. Und nächstes Jahr werden es wahrscheinlich wieder weniger sein. Denn die Stadt wird unbewohnbar. Das urbane Eigenleben Venedigs ist beinahe zusammengebrochen, es existiert kaum noch.
Der Immobilienmarkt wurde immer mehr von der städtischen Kontrolle entkoppelt, so dass – vornehmlich ausländische – Spekulanten hier beste Geschäfte machen, die Bevölkerung sich aber keine Wohnung mehr leisten kann. Ähnlich sieht es mit den Einkünften aus dem Tourismus aus. Ein Großteil der Erträge geht an ausländische Konzerne des Massentourismus. So ist »Das Venedig Prinzip« ein gutes Beispiel für die Mechanismen der »freien« Marktwirtschaft, wie es bereits etliche auf der Welt gibt.
Der Dokumentarfilm zeigt, was vom venezianischen Leben übrig geblieben ist: eine urige Subkultur touristischer Dienstleister; ein zu kleiner Hafen für monströse Kreuzfahrtschiffe; leidenschaftliche Venezianer, die nicht fortziehen wollen und auf Wohnungssuche sind; eine alte adlige Journalistin, die die Stadtverwaltung anprangert, und ein Immobilienmakler, der darüber nachdenkt, das sinkende Schiff zu verlassen …
Die Porträts der gezeigten Venezianer sind einfühlsam gezeichnet und absolut sehenswert. Mit leisem Humor und wenig Fingerzeig gibt Regisseur Andreas Pichler uns einen authentischen Einblick in eine immer noch wunderschöne Stadt und ihre alltäglichen Probleme, die von globalen Strukturen geprägt sind. Eine Hommage an die letzten Venezianer, ihren Witz und ihr Herz.