Die Heilkraft der Schamanen

Axel Brück, Jahrgang 1946, erlernte bei den nordamerikanischen Indianern das Handwerk des Schamanen und hat viele Jahre auf dem Gebiet veränderter Bewusstseinszustände geforscht. Seit fast 40 Jahren beschäftigt er sich mit den Runen und dem Weltbild unserer germanischen und keltischen Vorfahren, ihren Ritualen, ihrem Götterglauben und der Megin-Lehre (Lehre von den geistigen Kräften). Als Autor ist er vor allem durch das Praxisbuch „Die Anderswelt-Reise“ bekannt geworden.

newsage: In Kürze erscheint : ein neues Buch von Ihnen, das auch das Zeug hat, zum Klassiker zu werden: „Die Kraft der Heilung“. Auch hier steht die Lehre von den drei Kräften im Vordergrund – können Sie diese kurz erläutern?
Axel Brück: Die Lehre von den drei Kräften entstand aus dem Weltbild unserer keltogermanischen Ahnen. Sie entspricht aber auch weitgehend den Vorstellungen der Schamanen überall auf der Welt. Die Lehre von den drei Kräften repräsentiert meinen Versuch, diese Bilder oder Modelle von der Welt auf den heutigen Stand unseres Wissens zu bringen und eine Form zu fifi nden, mit denen wir doch überwiegend intellektuell geprägten Europäer etwas anfangen können. Die Lehre von den drei Kräften besagt, dass es drei Kräfte sind, Liebe, Lust und Tod, die nicht nur in uns Menschen als Antriebskräfte wirken. Sie sind zugleich sozusagen die geistigen „Grundbausteine“ der gesamten Welt, so wie die Elementarteilchen der Physik die Grundbausteine des materiellen Teils der Welt sind. Diesen drei Kräften entsprechen drei Wahrnehmungs- und Erfahrungsformen und drei Teile der Welt, die (materielle) Alltagswelt, die (geistige oder magische) Anderswelt und die Götterwelt. Diese drei Teile sind gleichermaßen real und erfahrbar.

newsage: In welchem Zusammenhang stehen die Lehre von den drei Kräften und das „Thema Heilung“?
Axel Brück: Heilung fifi ndet immer für Körper, Geist und Seele statt. Diese drei Teile des Selbst korrespondieren mit den drei Kräften und den drei Teilen oder Ebenen der Welt. Deshalb lässt sich Heilung in ihrer Gesamtheit nur auf der Basis der Lehre von den drei Kräften wirklich verstehen.

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Die archaisch und überaus kraftvoll anmutenden Zeichnungen in dieser Abbildung und im Hintergrund des Artikels stammen nicht aus prähistorischen Höhlen, sondern von Axel Brück. Oft zeigen sie Männer und Frauen beim schamanischen Trommeln, beim Spielen anderer traditioneller Instrumente oder im ekstatischen Tanz.

newsage: Welche Rolle spielt dabei das Magische, die eigentliche Domäne des Schamanen?
Axel Brück: Der Geist ist nach dem Selbstverständnis der Naturwissenschaften nicht Gegenstand ihrer Untersuchungen, weil er sich den naturwissenschaftlichen Erkenntnismitteln entzieht. Deshalb gehört der Geist in den Bereich des Magischen. In jeder Form der Heilung spielt er und damit das Magische eine wichtige Rolle, auch und sogar zu einem durchaus wesentlichen Teil im Heilen der Schulmedizin.

newsage: Interessanterweise betrachten Sie die Hypnose in ihrer ursprünglichen Form auch als „magisches Handwerkszeug“. Können Sie das erläutern?
Axel Brück: Ursprünglich geriet die Hypnose in der Form des Mesmerismus zum ersten Mal in das Visier der Wissenschaften und wurde sofort als „magisch“ und damit als Humbug diffamiert. Erst viel später vereinnahmten die Psychologen dieses Thema für sich. Allerdings gibt es hier ein Problem: Der Gegenstand der Psychologie ist nach dem Selbstverständnis der Psychologen gerade nicht der Geist, sondern menschliches Verhalten und Erleben. Deshalb können sie auch nur die Verfahren und Auswirkungen der Hypnose beschreiben, nicht aber ein sinnvolles Funktionsmodell vorlegen, denn dafür müsste der Geist und damit das Magische Gegenstand der Psychologie sein.

newsage: Auch den Placebo-Effekt sehen Sie als Ausdruck des Magischen in der Medizin – oder ist es eher ein „Einbruch“ des Magischen in die Medizin?
Axel Brück: Der Placebo-Effekt ist für die Schulmedizin ein Ärgernis: Er zeigt die direkte Einwirkung auf den Geist ohne materiellen Zwischenträger und die Einwirkung des Geistes auf den Körper. (Das Placebo ist materiell Placebo ist materiell wirkungslos, doch der Geist reagiert auf den magischen Teil der Heilhandlung und löst physiologisch eindeutig nachweisbare Heilprozesse im Körper aus.) Das ist eindeutig magisch. Die Schulmediziner würden das als Einbruch des für sie nicht existierenden Magischen betrachten. Tatsächlich äußert sich im Placebo-Effekt nur der ganz natürlich und zwangsläufifi g existierende magische Anteil der schulmedizinischen (materiellen) Heilhandlung.

newsage: Welche Bedeutung hat die Heilkunst für den Schamanen und wo sehen Sie die Grenzen schamanischer Heilkraft?
Axel Brück: Die Tradition sagt, dass im Prinzip jede Krankheit heilbar ist, vorausgesetzt, die Götter lassen eine Heilung zu und die vereinten Kräfte des Erkrankten und des Heilers reichen aus, um die Heilung im konkreten Fall zu bewirken. Die Grenzen liegen also in der menschlichen Schwäche und Fehlbarkeit, der Schamanen ebenso unterliegen wie alle anderen Menschen, und im Willen der Götter, oder wenn man so will, im Schicksal, das die Grenzen des Möglichen setzt. Eine weitere Grenze besteht darin, dass weder die materiellen (medizinischen), noch die magischen oder „göttlichen“ Heiler für sich in Anspruch nehmen sollten, allein für Heilung kompetent zu sein. Wir verfügen über drei Heilsysteme, je eines für Körper (Medizin), Geist (Schamanische Arbeit/Hexenarbeit) und Seele (Priesterarbeit). Da nahezu jede Erkrankung sich in unterschiedlichen Anteilen auf alle drei Elemente des Selbst auswirkt, sollten auch die drei Möglichkeiten des Heilens in entsprechender Gewichtung in Anspruch genommen werden. Das ist ein schwieriges Problem, dem ich in meinem Buch viel Platz eingeräumt habe.

newsage: Am Schamanismus habe ich schon immer den pragmatischen Aspekt geschätzt, der auch in Ihren Büchern sehr gut rüberkommt. Als Pragmatiker: Worauf sollte man bei der Auswahl eines Heilers – ob nun Schamane oder Arzt – besonders achten?
Axel Brück: Die Auswahl eines Heilers ist eine schwierige Aufgabe. Auf der einen Seite ist die fachliche Kompetenz wichtig, für die leider weder ein Diplom, oder ein Doktor-Titel noch eine wie auch immer geartete Ausbildung zum Schamanen als Garantie genommen werden kann. Auf der anderen Seite spielt für den magischen Anteil des Heilens das Vertrauen in den Heiler eine wichtige Rolle. Darüber hinaus muss es eine Übereinstimmung zwischen Erkranktem und Heiler über die diagnostischen und therapeutischen Verfahrensweisen geben. Wer schamanisches Heilen für Humbug hält, wird keine Heilung erfahren. Sollte man meinen. Tatsächlich aber werden „Ungläubige“ und „Skeptiker“ oft genug trotz ihrer Haltung gesund. Man muss also nicht unbedingt an das Heilungsverfahren glauben, damit es seine Wirkung tun kann. Wie also fi ndet man einen guten Heiler? Mein Rat: Schauen Sie Ihren potentiellen Heiler genau an. Wenn er oder sie das Urvertrauen ausstrahlt, das als Basis der Heilung erforderlich ist und außerdem so wirkt, als wäre er (oder sie) in sich ruhend und mit sich und der Welt im Reinen – dann wagen Sie einen Versuch. Das gilt nicht nur für Schamanen, sondern für alle Arten von Heilern. Den Medizinern sollten Sie eines zugute halten: Sie sind in ein System eingespannt, das viele wichtige Elemente der Heilhandlung nicht honoriert. Wer ein vertrauensvolles und ausführliches Gespräch wünscht, muss bereit sein, dafür zu bezahlen, ebenso wie man ja das Gespräch mit dem Schamanen oder der Hexe seines Vertrauens nicht über die Krankenkasse abrechnen kann, sondern aus eigener Tasche bezahlen muss.

newsage: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Weitere Informationen unter:
www.megin-tor.de

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Die Andersweltreise
192 Seiten, € 19,95
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Die Kraft der Heilung
256 Seiten, € 18,00